Die Beschäftigung mit Aufgaben ist in der Regel lernwirksam und deshalb führen die Teilnahme an einem Test, das Beantworten von Fragen oder die Bearbeitung von Übungsaufgaben zu gewissen Lernerfolgen, selbst dann, wenn keinerlei Rückmeldung gegeben wird. Hier geht es darum, verschiedene unmittelbare Feedbackmöglichkeiten im Anschluss an die Aufgabenbearbeitung aufzuzeigen und dabei einzuschätzen, was bestimmte Rückmeldungen über die Aufgabenbearbeitung hinaus noch an Lernwirksamkeit beitragen.
Beispiel als Multiple-Choice-Aufgabentyp
Im Falle der korrekten Antwort erhält der Lerner durch KOR zwar eine Bestätigung. Aber durch die Bekräftigung dessen, was wir bereits wissen, resultiert nur in seltenen Fällen ein nachweisbarer Lerngewinn.
Beispiel für die Aufgabenform Multiple-Choice
Anmerkung: Der Lerner hat hier die Möglichkeit, nach der Aufgabenbeantwortung durch Aktivieren des Buttons "Korrekte Lösung?" eine korrekte Beantwortung zu erzwingen. Das Ergebnis dieser Aktion wäre nach Kulhavy & Stock (1989) bereits als elaboriertes Feedback (task specific elaboration) aufzufassen. Desgleichen gehört die verbale Beschreibung der richtigen Alternative im Rückmeldefenster nach Kulhavy und Stock (1989) zu task specific elaboration. Ich halte die Bezeichnung Elaboration für diese Art der Rückmeldung nicht für gerechtfertigt. Es wird lediglich Klarheit geschaffen, ohne die Aufgabe irgendwie "auszuarbeiten".
Beispiel für "Unterstreichen der korrekten Lösung"
Unterstreiche alle vorkommenden Adjektive (sowohl in attributivem als auch im adverbialem Sinne)! |
|
Aufgabentext Beantwortungssbeispiel | |
|
|
Rückmeldung KOR und KCR Musterlösung (KCR) | |
|
Anmerkung: Dieser Aufgabentyp erscheint mit im gegebenen Fall für Übungszwecke geeigneter als Multiple-Choice. Der Lerner kann hier ganz dezidiert seine Fehler und zugleich die richtigen Antworten einsehen. Die Musterlösung dient dazu, nur die richtigen Antworten aufzuzeigen.
Beispiel für die Aufgabenform Multiple-Choice
Sehr einfache, gut gelöste Variante für
Multiple-Choice und AUC (Autor von Text und Script unbekannt)
Sehr durchsichtige Version von MC-Answer-until-correct
Beispiel für die Aufgabenform Short-Answer
Beispiel für eine praktikable Simple Multiple Choice Aufgabe mit AUC bzw. MTF (Multiple-Try-Feedback)
Anmerkung: Intuitiv hat es den Anschein, daß
zumindest Studenten, denen der Begriff der UV bekannt ist, mit der elaborierten
Variante mehr anfangen könnten als mit der korrekten Lösung unter
KCR.
Das
Beispiel stammt aus dem Kapitel "Variablen
in der Versuchsplanung" und wurde leicht modifiziert.
Für alle Ergebnismöglichkeiten lassen
sich plausible Gründe anzuführen.
|
|
Offensichtlich steht die theoretische Frage im
Raum: Wann ist elaboriertes Feedback
einfachem KCR überlegen?
Etliche Belege sprechen dafür, elaboriertes
Feedback sei bei geringem Vorwissen, schwierigen Begriffen oder komplizierterem
Wissen KCR überlegen. (siehe weiter unten, sowie:
Die
Wirkung elaborierten Feedbacks auf die Lernleistung)
Im Vergleich zu klassischem AUC bzw. Multiple-Try-Feedback werden nach einem Fehler Hilfestellungen angeboten, damit der Lerner im nachfolgenden Versuch eigenständig die Aufgabe mit höherer Wahrscheinlichkeit lösen kann.Optionale Hilfestellungen vor der Aufgabenbearbeitung und optionales Feedback nach der HilfestellungBeispiel Short Answer Aufgabentyp
In einem rechtwinkligen Dreieck ist die eine Kathete 4 cm und die andere Kathete 3 cm lang. Wie lang ist die Hypotenuse ? Rechne das Beispiel aus und schreibe das Ergebnis in das Antwortfeld
Es gibt zu wenige Untersuchungen, um solide einschätzen zu können, ob eine Hilfestellung nach einem Fehler mit der Aufforderung, die Aufgabe dann selbst zu lösen, mehr Lernerfolg bewirkt als direktes KCR. Einige Studien deuten darauf hin, dass die Hilfestellung nach einem Fehler im Vergleich zu klassischem AUC die bearbeitete Aufgabe eher lösen lässt, was motivationale Vorteile bieten könnte (z.B. Reimann 2007). (Genaueres siehe: Hilfestellungen zur Eigenbearbeitung statt bzw. vor der Rückmeldung der korrekten Lösung ). In der Untersuchung von Huth (2004) erbrachte eine komplexe AUC-Feedbackprozedur, welche Fehler erklärte, Tipps zur Fehlerüberwindung vorschlug, einen weiteren Lösungsversuch einforderte und danach auch das Lösungsvorgehen explizierte in einem frühen Lernstadium deutlich bessere Lernergebnisse als AUC mit KCR nach dem zweiten Lösungsversuch. Allerdings war diese Prozedur nicht wirksamer als KCR + Musterlösung.
Hier bleibt es dem Lerner überlassen, welche Hilfen vor und Erklärungen nach der Aufgabenbearbeitung er heranziehen will.Gliederung der Aufgabe in Unteraufgaben
Mir sind keine Studien bekannt, welche die Lernwirkung gestufter Hilfen vor der Aufgabenbeantwortung bzw. optional elaboriertes Feedback im Anschluss an die Aufgabenbearbeitung systematisch untersucht hätten. Eine Studie verweist auf die Gefahr, der Lerner klicke möglichst schnell die Hilfen durch, um die Lösung ohne große Eigenbemühung einzusehen. Eine nachgewiesen wirksame Hilfe vor der eigenen Aufgabenbeantwortung sind ausgearbeitete Lösungsbeispiele (siehe: Feedback mit oder ohne eigene Aufgabenbearbeitung ?)
Bei Problemstellungen, die einige Lösungsschritte bis zum Ziel erfordern, empfiehlt es sich, die Aufgabe in Teilaufgaben zu gliedern, dem Lerner die Anforderungen schrittweise anzubieten und jeweils Feedback zu geben, um stets auf dem korrekten Weg bleibend, die Aufgabe zu Ende zu bearbeiten. Hierzu gehören etwa unvollständige Lösungsbeispiele.Beispiel für unvollständiges Lösungsbeispiel | Beispiel für Gliederung der Aufgabe in Teilaufgaben
In einem relativ frühen Lernstadium sind unvollständige Lösungsbeispiele lernwirksamer als eigenständige Problemlöseaufgaben mit anschließendem elaborierten Feedback. Obwohl in beiden Fällen praktisch das gleiche Feedback gegeben wird, so erhält der Lerner bei unvollständigen Lösungsbeispielen mehr Führung und Feedback zu einem früheren Zeitpunkt.
|
|
|
|
|
|
|
|
|
Beispiel für eine clickable map
(AUC, Kurze Rückmeldung für jeden speziellen
Fehler sowie elaboriertes Feedback für die richtige Antwort)
Nur bei sehr aufwändigen Computerprogrammen, die meistens Fehleranalysen berücksichtigen und in der Regel mehrere Beantwortungsversuche vorsehen, konnten gelegentlich gewisse Vorteile für Antwort abhängiges Feedback festgestellt werden. Die Studie von Huth (2004) ergab, dass antwortabhängiges Feedback im Verbund mit Rückmeldungen zum korrekten Vorgehen insgesamt zwar den höchsten Lernerfolg erzielte, der Unterschied zum Feedback "korrektes Vorgehen" ohne antwortabhängiges Feedback jedoch vernachlässigbar gering ausfiel.
Beispiel für die Besprechung typischer Fehler im allgemeinen Feedback
In einer Untersuchung von Lee-sammons & Wollen
(1989) wurde strikt Antwort abhängiges Feedback gegen eine Variante
mit umfassendem Feedback für alle Alternativen (analog obiger Fragestellung)
gegeneinander getestet. Dabei ergaben sich im Mittel allerdings keine großen
Unterschiede im Lernerfolg. Antwort abhängiges Feedback schien für
schwache Lerner etwas günstiger.
Da hier der MC-Aufgabentyp für Antwort abhängiges
Feedback eingesetzt wurde, ist es sehr wahrscheinlich, dass KCR und eine
knappe Musterlösung ausgereicht hätten.
Unter motivationalem Feedback verstehe ich Rückmeldungen, die in irgendeiner Weise emotionale oder motivationale Aspekte der Person betreffen, sich aber weniger (oder gar nicht) auf die sachimmanente Thematik der Aufgabe, etwa die zur Lösung der Aufgabe notwendigen Informationen beziehen. (z.B. günstige Attributionen des Leistungsergebnisses). Natürlich ist es zumindest gelegentlich - etwa bei sehr misserfolgsorientierten Lernern - pädagogisch sinnvoll, motivationale Rückmeldungen im Verbund mit sachorientiertem Feedback zu verbinden, wie im unteren Beispiel gezeigt wird
Den Vorgang, aus theoretischen Variablen empirisch beobachtbare Variablen zu erzeugen, nennt man
Um nach der ersten Beantwortung die motivationalen Rückmeldungen bei richtiger oder falscher Antwort erneut im intendierten Sinne einsehen zu können, muss die Seite jeweils neu geladen werden!
Wie aus Motivationales Feedback und Lernleistung hervorgeht, erhöht angemessenes Lob die Lernleistung mehr als gar keine Rückmeldung. Es gibt aber wenig Forschung darüber, ob die Anreicherung motivationalen Feedbacks die Lernwirkamkeit sachorientierten Feedbacks ( KCR oder elaboriertem Feedback) verbessert. Die Untersuchung von Dresel (2004), sowie ein kleines Experiment zum Thema: Lob und attributionale Rückmeldungen sprechen eher dagegen. Bei Kindern unter 10 Jahren scheint Feedback im Sinne offensichtlichen Lobs die Lernleistung deutlicher zu fördern als neutrale sachorientierte Rückmeldungen. Bei älteren Schülern ist sachorientiertes Feedback wichtiger. Permanente Rückmeldung über das Erreichen selbst gesetzter oder fremdbestimmter Ziele, führt nicht automatisch zu mehr Lernmotivation bzw. mehr Lernleistung: (siehe: Verbessert kontinuierliches Zielfeedback die Lernwirksamkeit sachorientierter Rückmeldungen? )Rein motivationale Rückmeldungen ohne fundierte sachorientierte Information haben keinen Lerneffekt,
z.B. analog: Moridis & Economides (2012). Applause as an achievement-based reward during a computerised self-assessment test.
Wie lautet der Vorname der ersten Bundeskanzelerin der BRD?1.) Martina
2.) Germania
3.) Angela
Muss der Lerner die Antwort explizit eingeben ?
Einige Experimente, z.B. De Klerk & De Klerk (1978), sowie eine eigene Untersuchung (Jacobs 2006) deuten darauf hin, dass es genügen kann, sich die korrekte Antwort im Geiste vorzustellen, wenn anschließend mindestes KCR folgt. Ein potentieller Verzicht auf die explizite Beantwortung erscheint vor allem bei einer etwas umfangreicheren, offenen Beantwortung erwägenswert, weil eine entsprechende Antwort mit Schreibarbeit verbunden ist, was zusätzliche Lernzeit beansprucht.Erst nachdenken, dann anklicken!Da beim Aufgabentyp Essay-Test maschinell keine Entscheidung über die Korrektheit der Aufgabe getroffen werden kann, muss der Lerner selbst seine Antwort auf Korrektheit prüfen.
Beispiel für Essay-Test-Aufgabentyp mit der Erwartung einer schriftlichen Beantwortung
Beispiel für Essay-Test-Aufgabentyp mit der Erwartung einer Beantwortung im GeisteHäfele (1995) konnte nachweisen, dass bei der Erarbeitung von Lehrtexten beide Aufgabenvarianten (schriftlich bzw. im Geiste) zu hoch vergleichbaren Lernleistungen führten, wenngleich aus der Sicht der Studierenden die explizite Aufgabenbeantwortung als deutlich lernwirksamer und empfehlenswerter eingeschätzt wurde.
Park (2005) entwickelte einen Fragetyp, der zunächst zu einer gedanklichen Beantwortung auffordert, bevor die MC-Alternativen erscheinen, die dann beantwortet werden müssen und fand einige Belege für die Nützlichkeit dieses Vorgehens.
Mit Hilfe des Computers lassen sich eine Fülle unterschiedlicher Aufgaben- und Feedbackvarianten konstruieren sowie die Aufgabenstellung mit etlichen Zusätzen und Optionen anreichern. Auf diese Weise entstehen Aufgabentypen, die aus Mischformen bestehen und sich nicht mehr einfach einem klassischen Format zuordnen lassen. etwa: eine Klassifikationsaufgabe oder eine Aufgabe zur Kombinatorik. Je neuartiger oder komplexer die Aufgabenstellung ausfällt, desto unwahrscheinlicher lassen sich Belege für deren Lernwirksamkeit finden. Bisher von mir entdeckte Projekte, Feedback mit Hilfe "künstlicher Intelligenz" zu implementieren, hinterlassen bei ernsthafter empirischer Testung gegen bewährte Feedbackformen keineswegs den Eindruck, hier sei der Durchbruch in Richtung erfolgreicheres Lernen gefunden worden oder bald zu erwarten.Aufgabenstellungen mit Computer bieten Möglichkeiten, durch geeignete Rückmeldungen Lernen wirksam zu fördern ohne dabei auf komplizierte bzw. aussergewöhnliche Aufgabenformen zurückgreifen zu müssen. Es lohnt sich folglich, Aufgaben und lernwirksame Rückmeldungen zu erstellen. Dabei sollte man aber die Alternativen auch nicht vergessen, z.B. Musterlösungen.
Aufgabenstellungen sind immer im Zusammenhang mit der gesamtem Lernaneignung zu sehen und daher stets nur ein Teil des Unterrichts. Im schulischen Normalfall könnte folgendes Sinn machen:
- Den Lehrstoff klar und übersichtlich präsentieren und nicht zu früh mit Aufgaben beginnen.
- Variantenreiche, interessante Fragen bzw. Probleme stellen, die Lösungen beispielhaft vorführen und dabei aus dem Blickwinkel des Lerners die einzelnen Schritte hinreichend erklären.
- Den Lernern auch in den Übungsphasen viele Lösungsbeispiele vorlegen und ihnen Zeit lassen, sich diese verständlich zu machen.
- Anregende Aufgaben stellen und als Rückmeldung KOR, KCR, und gegebenenfalls eine möglichst knappe Musterlösung anbieten. Da es ausserordentlich schwierig ist, darüber hinaus noch deutlich bessere Lernergebnisse zu erzielen, auf besondere und komplexe Aufgabenfeatures (Hilfen, AUC, Antwort abhängiges Feedback, motivationale Einschübe usw.) verzichten bzw. diese den Experten überlassen.
- Den Lerner anhalten, selbst Fragen zu stellen, (und vielleicht auch selbst Aufgaben zu entwickeln) sowie den Lehrstoff zusammen zu fassen und zu reflektieren.
- Darauf bestehen, dass die Aufgabenpraxis solange fortgesetzt wird, bis der Lerner ein bestimmtes Leistungskriterium nachweist.