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zurück zum Projekt: Aufgaben stellen und Feedback geben 
Autor:
Bernhard Jacobs, b.jacobs@mx.uni-saarland.de

Aufgabenbeispiele mit unterschiedlichen Feedbackarten
und Einschätzung ihrer Lernwirksamkeit


Vorbemerkung:
Die Beschäftigung mit Aufgaben ist in der Regel lernwirksam und deshalb führen die Teilnahme an einem Test, das Beantworten von Fragen oder die Bearbeitung von Übungsaufgaben zu gewissen Lernerfolgen, selbst dann, wenn keinerlei Rückmeldung gegeben wird. Hier geht es darum, verschiedene unmittelbare Feedbackmöglichkeiten im Anschluss an die Aufgabenbearbeitung aufzuzeigen und dabei einzuschätzen, was bestimmte Rückmeldungen über die Aufgabenbearbeitung hinaus noch an Lernwirksamkeit beitragen.

Knowledge of Result (KOR bzw KR)

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 Knowledge of Correct Result (KCR) bzw. Knowlegde of correct response

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Answer Until Correct  (AUC) bzw. Multiple-Try-feedback

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Elaboriertes Feedback

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Erhellender Vergleich zwischen KCR und Elaboriertem Feedback an einem Beispiel mit Aufgabentyp Short Answer

Knowledge of correct result (KCR) Elaboratives Feedback zum Seitenanfang
Answer until correct mit Hilfestellung bei Fehlern und abschließender elaborierter Rückmeldung
Im Vergleich zu klassischem AUC bzw. Multiple-Try-Feedback werden nach einem Fehler Hilfestellungen angeboten, damit der Lerner im nachfolgenden Versuch eigenständig die Aufgabe mit höherer Wahrscheinlichkeit lösen kann.

Beispiel Short Answer Aufgabentyp

In einem rechtwinkligen Dreieck ist die eine Kathete 4 cm und die andere Kathete 3 cm lang. Wie lang ist die Hypotenuse ? Rechne das Beispiel aus und schreibe das Ergebnis in das Antwortfeld

cm


Es gibt zu wenige Untersuchungen, um solide einschätzen zu können, ob eine Hilfestellung nach einem Fehler mit der Aufforderung, die Aufgabe dann selbst zu lösen, mehr Lernerfolg bewirkt als direktes KCR. Einige Studien deuten darauf hin, dass die Hilfestellung nach einem Fehler im Vergleich zu klassischem AUC die bearbeitete Aufgabe eher lösen lässt, was motivationale Vorteile bieten könnte (z.B. Reimann 2007). (Genaueres siehe: Hilfestellungen zur Eigenbearbeitung statt bzw. vor der Rückmeldung der korrekten Lösung ). In der Untersuchung von Huth (2004) erbrachte eine komplexe AUC-Feedbackprozedur, welche Fehler erklärte, Tipps zur Fehlerüberwindung vorschlug, einen weiteren Lösungsversuch einforderte und danach auch das Lösungsvorgehen explizierte in einem frühen Lernstadium deutlich bessere Lernergebnisse als AUC mit KCR nach dem zweiten Lösungsversuch. Allerdings war diese Prozedur nicht wirksamer als KCR + Musterlösung.
Optionale Hilfestellungen vor der Aufgabenbearbeitung und optionales Feedback nach der Hilfestellung
Hier bleibt es dem Lerner überlassen, welche Hilfen vor und Erklärungen nach der Aufgabenbearbeitung er heranziehen will.
Wie hoch ist die Wahrscheinlichkeit, in einem Skatspiel
als erste Karte ein Ass oder eine rote Karte zu ziehen ?
Wenn Du Schwierigkeiten mit der Aufgabe hast, hilft möglicherweise der 




Mir sind keine Studien bekannt, welche die Lernwirkung gestufter Hilfen vor der Aufgabenbeantwortung bzw. optional elaboriertes Feedback im Anschluss an die Aufgabenbearbeitung systematisch untersucht hätten. Eine Studie verweist auf die Gefahr, der Lerner klicke möglichst schnell die Hilfen durch, um die Lösung ohne große Eigenbemühung einzusehen. Eine nachgewiesen wirksame Hilfe vor der eigenen Aufgabenbeantwortung sind ausgearbeitete Lösungsbeispiele (siehe: Feedback mit oder ohne eigene Aufgabenbearbeitung ?)
Gliederung der Aufgabe in Unteraufgaben
Bei Problemstellungen, die einige Lösungsschritte bis zum Ziel erfordern, empfiehlt es sich, die Aufgabe in Teilaufgaben zu gliedern, dem Lerner die Anforderungen schrittweise anzubieten und jeweils Feedback zu geben, um stets auf dem korrekten Weg bleibend, die Aufgabe zu Ende zu bearbeiten. Hierzu gehören etwa unvollständige Lösungsbeispiele.

Beispiel für unvollständiges Lösungsbeispiel  |  Beispiel für Gliederung der Aufgabe in Teilaufgaben


In einem relativ frühen Lernstadium sind unvollständige Lösungsbeispiele lernwirksamer als eigenständige Problemlöseaufgaben mit anschließendem elaborierten Feedback. Obwohl in beiden Fällen praktisch das gleiche Feedback gegeben wird, so erhält der Lerner bei unvollständigen Lösungsbeispielen mehr Führung und Feedback zu einem früheren Zeitpunkt.
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Antwortabhängige Rückmeldungen mit elaboriertem Feedback

An einer 1000 Probanden umfassenden repräsentativen Stichprobe der BRD wurde die Haarlänge und die Schuhgröße gemessen. Ein Ergebnis der Studie war: "Die Haarlänge korreliert negativ mit der Schuhgröße. Der Zusammenhang ist hochsignifikant.(p<.001)" Was bedeutet diese Aussage und was kann man daraus ableiten ?
 
1.) In Wirklichkeit gibt es keinen Zusammenhang zwischen Haarlänge und Schuhgröße.
2.) Personen, deren Schuhgröße klein ist, haben auch eher kurze Haare. 
3.) Personen mit kurzem Haar haben eher große Schuhe als Personen mit langem Haar.
4.) Es ist sehr unwahrscheinlich, diesen Zusammenhang an einer repräsentativen Stichprobe der Uni Saarbrücken zu bestätigen, weil es sich um eine Nonsenskorrelation handelt, die nur zufällig zustande kam.
5.) Wer sich die Haare wachsen läßt, der kann dadurch seine Schuhgröße verkleinern.
6.) Mit Hilfe der Schuhgröße einer Person kann man eine bessere Prognose über deren Haarlänge machen als nach Zufall zu erwarten.
7.) Da man die Haarlänge verändern kann, ist Haarlänge die unabhängige und Schuhgröße die abhängige Variable.
8.) Je größer die Schuhgröße, desto kleiner die Haare 
Weitere Erklärungen zur Aufgabe
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Beispiel für die Besprechung typischer Fehler im allgemeinen Feedback

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Motivationales Feedback mit sachorientiertem Feedback
Unter motivationalem Feedback verstehe ich Rückmeldungen, die in irgendeiner Weise emotionale oder motivationale Aspekte der Person betreffen, sich aber weniger (oder gar nicht) auf die sachimmanente Thematik der Aufgabe, etwa die zur Lösung der Aufgabe notwendigen Informationen beziehen. (z.B. günstige Attributionen des Leistungsergebnisses). Natürlich ist es zumindest gelegentlich - etwa bei sehr misserfolgsorientierten Lernern - pädagogisch sinnvoll, motivationale Rückmeldungen im Verbund mit sachorientiertem Feedback zu verbinden, wie im unteren Beispiel gezeigt wird
Den Vorgang, aus theoretischen Variablen empirisch beobachtbare Variablen zu erzeugen, nennt man

Um nach der ersten Beantwortung die motivationalen Rückmeldungen bei richtiger oder falscher Antwort erneut im intendierten Sinne einsehen zu können, muss die Seite jeweils neu geladen werden!

Wie aus Motivationales Feedback und Lernleistung hervorgeht, erhöht angemessenes Lob die Lernleistung mehr als gar keine Rückmeldung. Es gibt aber wenig Forschung darüber, ob die Anreicherung motivationalen Feedbacks die Lernwirkamkeit sachorientierten Feedbacks ( KCR oder elaboriertem Feedback) verbessert. Die Untersuchung von Dresel (2004), sowie ein kleines Experiment zum Thema: Lob und attributionale Rückmeldungen sprechen eher dagegen. Bei Kindern unter 10 Jahren scheint Feedback im Sinne offensichtlichen Lobs die Lernleistung deutlicher zu fördern als neutrale sachorientierte Rückmeldungen. Bei älteren Schülern ist sachorientiertes Feedback wichtiger. Permanente Rückmeldung über das Erreichen selbst gesetzter oder fremdbestimmter Ziele, führt nicht automatisch zu mehr Lernmotivation bzw. mehr Lernleistung: (siehe: Verbessert kontinuierliches Zielfeedback die Lernwirksamkeit sachorientierter Rückmeldungen? )

Rein motivationale Rückmeldungen ohne fundierte sachorientierte Information haben keinen Lerneffekt, 
z.B. analog: Moridis & Economides (2012). Applause as an achievement-based reward during a computerised self-assessment test.


Wie lautet der Vorname der ersten Bundeskanzelerin der BRD?

1.) Martina
2.) Germania
3.) Angela

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Sonstiges

Muss der Lerner die Antwort explizit eingeben ?

Einige Experimente, z.B. De Klerk & De Klerk (1978), sowie eine eigene Untersuchung (Jacobs 2006) deuten darauf hin, dass es genügen kann, sich die korrekte Antwort im Geiste vorzustellen, wenn anschließend mindestes KCR folgt. Ein potentieller Verzicht auf die explizite Beantwortung erscheint vor allem bei einer etwas umfangreicheren, offenen Beantwortung erwägenswert, weil eine entsprechende Antwort mit Schreibarbeit verbunden ist, was zusätzliche Lernzeit beansprucht.

Da beim Aufgabentyp Essay-Test maschinell keine Entscheidung über die Korrektheit der Aufgabe getroffen werden kann, muss der Lerner selbst seine Antwort auf Korrektheit prüfen.

Beispiel für Essay-Test-Aufgabentyp mit der Erwartung einer schriftlichen Beantwortung

Warum hat die ausschließliche Rückmeldung "richtig/falsch" kaum einen Lerneffekt,
d.h. ist nicht besser als eine Fragestellung ohne Rückmeldung ?

Beispiel für Essay-Test-Aufgabentyp mit der Erwartung einer Beantwortung im Geiste
 
Warum hat die ausschließliche Rückmeldung "richtig/falsch" kaum einen Lerneffekt,
d.h. ist nicht besser als eine Fragestellung ohne Rückmeldung ?
Überprüfe deine Antwort!

Häfele (1995) konnte nachweisen, dass bei der Erarbeitung von Lehrtexten beide Aufgabenvarianten (schriftlich bzw. im Geiste) zu hoch vergleichbaren Lernleistungen führten, wenngleich aus der Sicht der Studierenden die explizite Aufgabenbeantwortung als deutlich lernwirksamer und empfehlenswerter eingeschätzt wurde.
Erst nachdenken, dann anklicken!
Park (2005) entwickelte einen Fragetyp, der zunächst zu einer gedanklichen Beantwortung auffordert, bevor die MC-Alternativen erscheinen, die dann beantwortet werden müssen und fand einige Belege für die Nützlichkeit dieses Vorgehens.
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Abschließende Bemerkungen
Mit Hilfe des Computers lassen sich eine Fülle unterschiedlicher Aufgaben- und Feedbackvarianten konstruieren sowie die Aufgabenstellung mit etlichen Zusätzen und Optionen anreichern. Auf diese Weise entstehen Aufgabentypen, die aus Mischformen bestehen und sich nicht mehr einfach einem klassischen Format zuordnen lassen. etwa: eine Klassifikationsaufgabe oder eine Aufgabe zur Kombinatorik.  Je neuartiger oder komplexer die Aufgabenstellung ausfällt, desto unwahrscheinlicher lassen sich Belege für deren Lernwirksamkeit finden. Bisher von mir entdeckte Projekte, Feedback mit Hilfe "künstlicher Intelligenz" zu implementieren, hinterlassen bei ernsthafter empirischer Testung gegen bewährte Feedbackformen keineswegs den Eindruck, hier sei der Durchbruch in Richtung erfolgreicheres Lernen gefunden worden oder bald zu erwarten.

Aufgabenstellungen mit Computer bieten Möglichkeiten, durch geeignete Rückmeldungen Lernen wirksam zu fördern ohne dabei auf komplizierte bzw. aussergewöhnliche Aufgabenformen zurückgreifen zu müssen. Es lohnt sich folglich, Aufgaben und lernwirksame Rückmeldungen zu erstellen. Dabei sollte man aber die Alternativen auch nicht vergessen, z.B. Musterlösungen.



Empfehlungen für den Lehrer:
Aufgabenstellungen sind immer im Zusammenhang mit der gesamtem Lernaneignung zu sehen und daher stets nur ein Teil des Unterrichts. Im schulischen Normalfall könnte folgendes Sinn machen:

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created 9.6.1998, last update 12.6. 2006;  einige Links angepasst 15.12.2010: Bernhard Jacobs, b.jacobs@mx.uni-saarland.de