Deutlich besserer Lerntransfer für elaboriertes Feedback im Vergleich zu KCR in der Studie von Moreno (2004)

Moreno (2004) verglich die Lernwirksamkeit erklärenden Feedbacks gegenüber Knowledge of correct response bei einem Multimedia-Programm, das auf eher spielerische Art und Weise zu Entdecken lassendem Lernen aufforderte. Studenten mit sehr geringem Vorwissen in Botanik sollten ohne jede Instruktion das agent based multimedia game  “Design-a-Plant” bearbeiten. Innerhalb des Programms veranlasste ein animierter pädagogischer Agent die Studenten, Entscheidungen über gewisse wünschenswerte Eigenschaften von Pflanzen zu treffen, damit diese unter gegebenen Umweltbedingungen möglichst gut überleben. Im Anschluss an ihre Reaktionen gab der pädagogische Agent je nach experimenteller Bedingung bestimmte Rückmeldungen. Die Probanden waren nach Zufall nachfolgenden Feedbackbedingungen zugeteilt worden:

Der Beschreibung des erklärenden Feedbacks zufolge ist diese Rückmeldung am ehesten unter  elaboriertes Feedback zu fassen und könnte als Antwort adaptives bzw. response contingent Feedback gedeutet werden. In zwei unabhängigen Experimenten zeigten sich bei vergleichbaren Lernzeiten (ca. 25 Minuten) und vergleichbaren Motivations -und Interessenswerten konsistent ganz deutliche, hochsignifikante Lernvorteile in einem Transfertest für explanatory feedback.

Leistungsvorteile für explanatory feedback
gegenüber korrektivem Feedback: Transfertest


Zudem fanden die Lerner der Explanatory feedback- Bedingung das Programm als hilfreicher und weniger schwierig  Derart große Lernerfolgsunterschiede einer elaborierten Feedbackvariante gegenüber trivialem KCR sind in der Feedbackforschung ganz selten anzutreffen und auch nur unter ganz bestimmten Bedingungen zu erwarten. (siehe dazu etwa: Das Experiment von Tennyson, Steve & Boutwell (1975) )

Da die Probanden vor dem Computerspiel keinerlei Informationen über Lebensbedingungen von Pflanzen in bestimmten Umwelten erhielten, wurde die Instruktion offensichtlich auf das Feedback verlagert (=discovery-based instruction). Hierbei führte KCR (die Rückmeldung der korrekten Antwort) offenbar zu keinem hinreichenden Verständnis (siehe: Wann ist elaboriertes Feedback KCR überlegen ?). Wenngleich die Untersuchung so überzeugend belegt, dass in rein explorativen Lernumgebungen bei sehr geringem Vorwissen und einem etwas höheren Lehrzielanspruch erklärendes Feedback mehr Lernerfolg bewirken kann als einfaches KCR, so entspricht die Zielrichtung des Vorgehens sicher weniger dem Bemühen, eine optimalen Lernmethode zu finden, sondern eher einen theoretisch eindeutig zu erwartenden, mehr oder weniger trivialen Lerneffekt, empirisch auch klar zu bestätigen. Letzteres ist durchaus als Erfolg zu werten und gelingt keineswegs immer. Denn etliche empirische Ergebnisse der Feedbackforschung sind ganz schwer zu verstehen und stellen den gesunden Menschenverstand auf ein harte Probe.

Höchstwahrscheinlich hätte eine aus pädagogischer Sicht betrachtete, aussichtsreichere Vergleichsgruppe, der man gezielt im Rahmen darstellenden Unterrichts die Prinzipien zunächst vermittelt und an Beispielen verdeutlicht hätte, mindestens so gut abgeschnitten wie die explorative Gruppe mit nachträglich erklärendem Feedback. Insbesondere für Novizen sind ausgearbeitete Lösungsbeispiele deutlich lerneffizienter als eigenständige Problemlösebemühungen, selbst dann, wenn sich der eigenen Aufgabenbearbeitung sehr elaboriertes Feedback anschließt. (siehe: Feedback mit oder ohne eigene Aufgabenbearbeitung ? ) Die Dringlichkeit eines Multimediaprogramms zur Vermittlung von Problemlösebemühungen ist somit keineswegs demonstriert worden, obgleich die Notwendigkeit bzw. Nützlichkeit über KCR hinausgehender, erklärender Rückmeldungen für den Lernerfolg bei solchen interaktiven Explorationsprogrammen deutlich unterstrichen wurde.


created 2. 6. 2004; Bernhard Jacobs, b.jacobs@mx.uni-saarland.de

Das Verständnis der korrekten Lösung ist entscheidend für den Lernerfolg

In den Experimenten von Moreno und Meyer (2005) diente ebenfalls das oben beschriebene Multimedia-Game “Design-a-Plant” als Instruktionsgrundlage. Zunächst konnten die Befunde von Moreno (2004) eindeutig repliziert werden. Bei geringem Vorwissen führt KOR+KCR+elaboriertes Feedback im Vergleich zu ausschließlichem, korrektivem KOR-KCR-Feedback zu einem deutlich höheren Lernerfolg bei Transferanforderungen. Zugleich stellte sich dabei heraus, dass Aufforderungen an den Lernenden, seine eigene Antwort selbst zu begründen (Reflection, a form of elaborative interrogation), keinerlei Wirkung zeigte.

In einem weiteren Experiment bestätigte sich die ebenfalls oben bereits behauptete Vermutung,  Interaktivität sei im gegebenen Unterrichtsszenario wegen des sehr geringem Vorwissens keineswegs die für den Lernerfolg zwingend optimale pädagogische Maßnahme. Bei 2 experimentellen Gruppen beantwortete der pädagogische Agent die gestellten Fragen automatisch korrekt. Die Probanden unter dieser Bedingung erhielten somit ohne eigene Aufgabenbearbeitung den direkten Zugriff auf die korrekte Lösung sowie die Lösungserklärung.  (= eine Form von Lösungsbeispiel). Diese Lösungsbeispielgruppen erzielten mindestens so hohe Transferleistungen wie diejenigen Gruppen, welche zuvor die Fragen selbst beantworten mussten, worauf dann KOR,KCR und erklärendes Feedback folgte. Aufforderungen, die Antwort selbst zu begründen (Reflection) führte nur unter der Bedingung Lösungsbeispiel zu einem weiteren deutlichen Transfergewinn. Hier gab der pädagogische Agent zwingend die richtige Antwort, während die interaktiven Gruppen ihre eigene Antwort - die richtig oder falsch sein konnte - refektieren mussten. Es macht aber wenig Sinn, einen Lerner mit sehr geringem Vorwissen aufzufordern, seine Antwort zu begründen, weil dieser sich seiner Lösungsbemühung häufig unsicher sein muss und viele Fehler macht. Vielleicht führt es weiter,den Lerner zunächst mit der korrekten Antwort zu konfrontieren und ihn danach zu möglichen Begründungen zu animieren. (siehe z.B.: Weiterführende Anregungen nach der Rückmeldung )

Schließlich zeigte sich im dritten Experiment, dass bei interaktiven Anforderungen Programm vermittelte Reflexionen mehr Lernerfolg bewirkten als Anstöße zu Reflektionen über die eigenen Antworten. Selbstreflektionen entfalteten nur dann eine positive Transferwirkung, wenn dem Lerner die korrekten Lösungen bekannt waren. Probanden, welche den direkten Zugriff auf die korrekten Lösungen erhielten, gaben sowohl signifikant mehr zutreffende Reflektionen wie auch signifikant weniger falsche Erklärungen ab als Probanden, welche ihre eigenen Antworten reflektierten.


created 22. 4. 2005; Bernhard Jacobs, b.jacobs@mx.uni-saarland.de


Literaturquellen
Moreno, R. (2004). Decreasing Cognitive Load for Novice Students: Effects of Explanatory versus Corrective Feedback in Discovery-Based Multimedia. Instructional Science 32: 99–113

Moreno, R. & Mayer, R. E. (2005). Role of guidance, reflection, and interactivity in an agent-based multimedia game. Journal of Educational Psychology, 97,1, Seite 117-128


Wann sind elaborierte Rückmeldungen einfachem KCR überlegen ?