Hinweis: Dies ist die Datei, welche bei
http://hdl.handle.net/20.500.11780/975  fehlt.  [30.12.2016 B. Jacobs].
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Lohnt sich Antwort abhängiges Feedback ? - Response contingent Feedback im Vergleich zu Knowledge of Correct Result

Abstract
Problemstellung:
Einige empirische Studien mit MC-Aufgaben und einem Lösungsversuch
   Gilman (1969)
   Kulhavy, White, Topp, Chan, Adams (1985)
   Park und Tennyson (1986)
   Dempsey, Litchfield & Driscoll (1993)
   Whyte, Karolick, Nielsen, Elder & Hawley (1995)
   Gayo-Avello & Fernández-Cuervo (2003)
   Diskussion zu Studien mit Multiple Choice und einem Antwortversuch
         Einige Überlegungen und Alternativen zu Response contingent feedback
         Resumee
Response contingent feedback in Verbindung mit AUC und komplexerer Lernangebote
Abschließende Bewertung

Literatur
Anhang

Abstract
Es werden zunächst einige Feedbackstudien referiert, die unter Verwendung von Multiple-Choice-Aufgabenstellungen und einem Lösungsversuch die Hypothese prüften, ob Antwort abhängiges Feedback einen höheren Lernerfolg bewirkt als die Rückmeldung der korrekten Antwort.  Die Ergebnisse lassen insgesamt keine Vorteile für Antwort abhängiges Feedback gegenüber der sparsameren Variante Knowledge of correct result bzw. einer knappen Musterlösung erkennen. Im Anschluss daran werden einige alternative Aufgabenstellungen diskutiert und der Frage nachgegangen, unter welchen Bedingungen Rückmeldungen zu Fehlern überhaupt Lernvorteile versprechen könnten. In einigen Studien wurden auf der Basis von Fehleranalysen und ziemlich aufwändigen, speziell für das anstehende Lehrziel entwickelten Computerprogrammen meist frei zu beantwortende Aufgaben (Short answer Aufgaben) vorgelegt. Im Falle eines Fehlers erhielten die Lerner nach bestimmten Regeln gezielte Fehlerinformationen und Hilfen angeboten und mussten dann mindestens einen erneuten Lösungsversuch unternehmen. Ziel dieser Instruktionsmaßnahmen war es, durch spezielle Fehlerinformationen und diverse Hinweise den Lerner in die Lage zu versetzen, den Fehler selbst zu überwinden. Es deutete sich an, dass solche Fehlerrückmeldungen durchaus zu besseren Lernergebnissen führen können als eine direkte Rückmeldung des korrekten Vorgehens.
Problemstellung
Mason und Bruning (2000) verstehen unter Response contingent feedback (RCF) eine Form extra-instruktionaler Rückmeldung, die Antwort abhängiges Feedback darbietet. Beim Aufgabentyp Multiple Choice wird hierbei zu jeder Antwortalternative eine spezifische Rückmeldung gegeben. Diese Rückmeldung begründet etwa, warum die falsch gewählte Alternative nicht stimmt bzw. warum die richtige Antwort zutrifft. Ein allgemein verbindlicher Begriff für diese Art von Feedback scheint es nicht zu geben. Neben Antwort abhängigem oder adaptivem Feedback habe ich z.B. auch die Kennzeichnung response sensitive feedback, response specific feedback, anticipated wrong answer feedback oder error contingent feedback gefunden.

Bei sachorientierten Rückmeldungen kann man mehrere Feedbackarten unterscheiden. (siehe auch Feedbackarten) Man spricht von Knowledge of Result (KOR), wenn der Lerner nach der Beantwortung nur die Rückmeldung "richtig oder falsch" erhält. Im Falle eines Fehlers bleibt die korrekte Lösung unbekannt. Knowledge of correct response (KCR), gelegentlich auch Knowledge of correct result genannt, enthält KOR, stellt aber sicher, dass der Lerner die korrekte Alternative in jedem Fall erfährt. Da die Lernwirksamkeit von Knowledge of result (KOR) jedoch sehr gering und die von KCR nachweislich recht bedeutsam ist, gilt die Empfehlung, zusätzliches Feedback mindestens mit einfachem KCR zu verbinden. Bei Mason und Bruning ist KCR im Response contingent feedback enthalten. Aber das ist nicht immer so. Ausführliche Musterlösungen, Begründungen oder Herleitungen sowie neue Beispiele und Erklärungen werden als elaboriertes Feedback bezeichnet werden. Response contingent feedback kann als Sonderform elaborierten Feedbacks verstanden werden und dürfte meist als extra-curriculare Elaboration gedeutet werden, weil es ganz spezifische Informationen zu allen Antwortalternativen gewährt.

Response contingent feedback (mittels Computer) könnte natürlich auch beim Aufgabentyp Short Answer (=Kurze Freiantwort-Aufgabe) Verwendung finden, sofern es gelingt, den größten Teil der möglichen freien Lernerantworten zu antizipieren. Denkbar wären hier etwa Aufgabenstellungen, welche auf der Basis gezielter Fehleranalysen entwickelt würden und in diesem Falle wäre bug-related feedback eine Variante von response contingent feedback. Da selten alle Antworten vorhersehbar sind, formuliert man ein Standardfeedback für die Restkategorie nicht antizipierbarer Antworten.

Die entscheidende Frage für den Praktiker lautet: Lohnt sich der Aufwand, zusätzlich zu KCR (und einer knappen Musterlösung) noch response contingent feedback zu geben. Theoretisch stellt sich die Frage, ob und wann überhaupt zu erwarten ist, dass die aufwändige Prozedur bessere Lernergebnisse nach sich zieht? Zunächst werden MC-Aufgabenstellungen betrachtet, die nur einen Lösungsversuch erlauben und im Anschluss daran das Feedback gewähren.
 
Schematischer Vergleich von KCR vs. Response-contingent-feedback
Klassisches KCR-Feedback
KCR + Response contingent feedback
Fragestellung?
 
1.) falsche Alternative 
2.) richtig 
3.) falsche Alternative
4.) falsche Alternative

Fragestellung ?
 
1.) falsche Alternative
2.) richtig
3.) falsche Alternative
4.) falsche Alternative

Erst werden einige empirische Untersuchungen dargestellt, welche den in der Tabelle angedeuteten Vergleich mehr oder weniger stringent durchgeführt haben. KCR ist eine sparsame und zugleich nachgewiesen wirksame Feedbackvariante. Demgegenüber fehlt hinreichende empirische Evidenz dafür, ob darüber hinausgehende Elaborationen deutlich bessere Lernergebnisse liefern. Einige Laboruntersuchungen (z.B. Tennyson, Steve & Boutwell (1975) ) belegen zwar eindrucksvoll den Vorteil ausgiebiger Begründungen für die korrekte Lösung gegenüber trivialem KCR. Hierbei lagen jedoch ausgesprochen günstige Bedingungen vor, durch besonderes Feedback Lernen wirksam zu beeinflussen. (siehe: Wann ist elaboriertes Feedback KCR überlegen ?). Theoretisch ist anzunehmen, dass ab einem bestimmten Lehrziel-, Schwierigkeits- oder Komplexitätsniveau, einfaches KCR nicht mehr ausreicht und eine zusätzliche Musterlösung mehr Lernerfolg verspricht. Der Anspruch, nähere Erläuterungen zu den Fehlern würden darüber hinaus das Lernen noch bedeutsamer verbessern, ist dann aber schon sehr ambitiös. Interessanter und von höherer praktischer Relevanz wäre daher ein Vergleich KCR+Musterlösung vs. KCR+ response-contingent-feedback, wobei letztere Feedbackvariante die vorherige einschließt. Es werden einige Überlegungen angestellt, unter welchen Voraussetzungen eine besondere Rückmeldung zu allen Fehlern die Lernchancen überhaupt verbessern könnten.

In der Literatur findet man gelegentlich auch Studien, welche besondere Formen adaptiven Feedbacks erfolgreich eingesetzt haben und die Lernwirksamkeit dieser speziellen Feedbackformen klar belegen konnten: z.B. Fähigkeitsabhängiges Feedback in der Studie von Day und Cordon (1993), Fehlerspezifisches Feedback in der Studie von Elawar & Corno (1985), die Studie von Kline, Schumaker & Deshler (1991) zur Wirkung elaboriertem fehleranalytischem Feedback. Siehe auch Die Wirkung elaborierten Feedbacks. Allerdings fehlen in diesen Studien entweder spezielle Reaktionen auf Fehler oder sparsame und zugleich wirksame Feedbackmethoden, etwa klassisches KCR bzw. eine knappe Musterlösung als Kontrolle.

Einige empirische Studien mit MC-Aufgaben und einem Lösungsversuch
In  verschiedenen Review-Beträgen zum Thema Feedback (z.B.: Dempsey,  Driscoll,  & Swindell (1993), Mason und Bruning (2000)) werden einige relevante Studien erwähnt, allerdings selten das Untersuchungsvorgehen, die Feedbackbedingungen oder Ergebnisse hinreichend expliziert. Meistens steht die Frage im Raum, ob irgendein elaboriertes Feedback irgendeinem einfachem Feedback überlegen ist. Elaboriertes Feedback kann dabei aber Verschiedenes bedeuten und auch der Vergleich mit einfachen Feedbackformen kann KOR oder KCR umfassen. Mason and Bruning (2000) referieren sehr kurz einige Studien, welche auch den Lernvorteil von response contingent feedback gegenüber KCR oder KOR bestätigen konnten oder auch nicht. Ohne Anspruch auf  Vollständigkeit konzentriere ich mir nur auf einige Studien, die ich auch im Original sichten konnte. Zunächst geht es um Studien, die nicht allzu komplexe Aufgaben im Multiple-Choice-Aufgabenformat verwenden, wie sie etwa auch ein sehr engagierter Lehrautor bei der Aufgabenkonstruktion für ein Seminar gestalten könnte.
Gilmans Studie zur Wirkung unterschiedlicher Feedbackarten (1969)
Gilman (1969) verglich als einer der ersten Forscher mehrere Feedbackvarianten, darunter auch klassisches KCR versus KCR + response contingent feedback (RCF), sowie einer Variante response contingent feedback ohne KCR. Die Probanden wurden zunächst nach den Ergebnissen im Scholastic Aptitude Test stratifiziert und anschließend nach Zufall auf 5 Bedingungen zugeteilt, was einem sehr soliden experimentellen Plan entspricht. 30 wissenschaftliche Begriffe wurden ohne einführende Instruktion direkt als MC-Aufgaben via Teletypewriter vorgegeben. In dieser Übungsphase beantworteten die Probanden die Aufgaben und erhielten ihr jeweiliges Feedback. Falsch beantwortete Items wurden in weiteren nachfolgenden Übungsdurchgängen sooft vorgegeben, bis sie vollständig korrekt beantwortet waren.

Die Beispiele für KCR und KCR+ RCF-Feedback werden im folgenden nach den Angaben von Gilman simuliert, wobei die hier gezeigten Anwendungsbeispiele lediglich das Prinzip verdeutlichen. Tatsächlich war die Prozedur bei Gilman wegen der damaligen unzureichenden Hardware (IBM 1410 Computer mit angeschlossenen Computer gestützten Teletypewriter) wesentlich umständlicher und deutlich langsamer.

Klassisches KCR

Which of the following statements describes the relationship between insects and insecticides ?
 
1.) species of insects develop immunity to insecticides through natural selection.
2.) individual insects can build up a resistance to an insecticide through repeated contact
3.) insecticides no longer have any effect on insects
4.) insecticides have little effect on insects
KCR + response contingent feedback
Which of the following statements describes the relationship between insects and insecticides ?
 
1.) species of insects develop immunity to insecticides through natural selection.
2.) individual insects can build up a resistance to an insecticide through repeated contact
3.) insecticides no longer have any effect on insects
4.) insecticides have little effect on insects

Die Erklärungen unter response contingent feedback sind nicht sehr elaboriert. Es handelt sich offensichtlich nur um leichte Umformulierungen der Alternativen, wobei klar gestellt wird, dass die falschen Alternativen so nicht zutreffen..

Als abhängige Variablen dienten insgesamt 5 Messungen, darunter

Beide Feedbackgruppen benötigten eine vergleichbare Anzahl von Aufgaben bis zur Erreichung des Kriteriums. Die Gruppe mit KCR + response contingent feedback erzielte signifikant bessere Leistungsergebnisse im unmittelbaren Posttest als die Gruppe mit einfachem KCR. Allerdings war die Lernzeit unter der Bedingung KCR + response contingent feedback deutlich und hochsignifikant höher, wenngleich das genaue Ausmaß insofern nicht vernünftig abgeschätzt werden kann, als die Darbietung der umfangreicheren Rückmeldung Maschinen bedingt bereits sehr viel Zeit benötigte.

Die Befunde können meiner Meinung nach nur teilweise als Bestätigung des Vorteils von response contingent feedback gegenüber trivialem KCR interpretiert werden, weil die Lerngewinne in der Übungsphase vergleichbar ausfielen. Die Ergebnisse im Posttest (nicht näher spezifizierte ähnliche Aufgaben wie in der Übungsphase) belegen aber, dass response-contingent-feedback+ KCR den Lerntransfer etwas mehr förderte, auch wenn für diesen Transfer eine höhere Lernzeit in Kauf genommen werden musste. Allerdings muss response-contingent-feedback dann zusätzlich KCR- rückmelden, weil die entsprechende response-contingent-feedback-Variante ohne KCR einfachem KCR bei keiner Messvariablen überlegen war.

Fehlerspezifisches Feedback für Faktenwissen in der Studie von Kulhavy, White, Topp, Chan, Adams (1985)
Auf der Seite Geringere Lerneffizienz durch informativeres Feedback ? wird die Untersuchung von Kulhavy et al. (1985) ausführlich dargestellt. Die Probanden lasen zunächst einen Text durch, übten Fragen zum Text mittels MC-Aufgaben und Feedback ein und erhielten anschließend dieselben Fragen als Posttest vorgelegt. Auch hierbei wurde klassisches KCR gegen eine Variante von KCR + response-contingent-feedback getestet. Während im Lernerfolgtests (Posttest)  insgesamt keine Leistungsunterschiede zwischen den Gruppen festzustellen waren, verbesserten die Probanden unter KCR mehr Fehler und benötigten eindeutig weniger Übungszeit. Die aufwändigere Variante KCR + response contingent feedback erzielte somit gegenüber einfacherem KCR höchstens eine vergleichbare Lerneffektivität bei einer deutlich geringeren Lerneffizienz.
Varianten Antwort abhängigen Feedbacks bei Park und Tennyson (1986)
Das Experiment von Park und Tennyson (1986) belegt recht eindrucksvoll die Lernwirksamkeit elaborierten adaptiven Feedbacks gegenüber Knowledge of Result, aber leider nicht gegenüber KCR. In diesem Experiment wird jedoch der Nachweis erbracht, dass extracurriculares elaboriertes Feedback nicht nur die unmittelbare Lernleistung im Sinne eines echten Begriffslernens (Transfer), sondern auch die Behaltensleistung deutlich verbessert. Außerdem deutet sich an, dass die Rückmeldung zur korrekten Lösung etwas günstiger ist als die Rückmeldung zur falschen Antwort. Ziel der Untersuchung war die Überprüfung verschiedener Strategien zum Begriffserwerb nebengeordneter Begriffe (cooperative concepts). Ich referiere diese Studie hier vornehmlich unter dem Aspekt des Feedbacks und interpretiere das Vorgehen der Autoren hauptsächlich als Feedbackprozedur, obgleich auch die Sequenzierung der Testitems von Interesse war.

72 Highschool- Studenten sollten aus Situationsbeschreibungen und Verhaltensergebnissen die Begriffe positives und negatives Reinforcement sowie positive und negative Bestrafung identifizieren können. Zu diesem Zweck wurden insgesamt 96 Demonstrations- bzw. Aufgabenbeispiele (im folgenden Items genannt) konstruiert, von denen 72 Items für die Übungsphase und 24 Items für den Post - sowie den nach einer Woche stattfindenden Behaltenstest zur Verfügung standen. Items in Posttest und Behaltenstest waren identisch, unterschieden sich aber von den Aufgaben in der Übungsphase und messen somit echtes Begriffswissen und kein Faktenwissen.

Zunächst erhielten alle Studenten zu jedem der 4 Begriffe ausreichende Begriffsdefinitionen sowie ein prototypisches Beispiel mit einer ausführlichen Erklärung, welche Aspekte jeweils besonders wichtig sind. Diese schriftlichen Unterlagen konnten auch während der Übung genutzt werden. Nach dieser Instruktionsphase wurden die Probanden nach Zufall auf 4 Computer-Übungsvarianten aufgeteilt. Für alle Übungsvarianten galt:  Es wurden Aufgaben, dort interrogatory examples genannt, vorgegeben und in Abhängigkeit von der Antwort das weitere Vorgehen festgelegt. Ein konkretes Aufgabenbeispiel fehlt leider. Höchstwahrscheinlich handelte es sich bei den Aufgaben um MC-Aufgaben, wobei die 4 möglichen Begriffe als Alternativen dienten. Auf der Basis von Bayes-Statistiken wurde die Übungsprozedur für jeden Lerner solange fortgeführt, bis dieser ein Kriterium von 75% korrekter Antworten erzielte.

Grundsätzlich galt für alle Bedingungen: Bei korrekter Lösung erhielt der Student die Rückmeldung "richtig" und als nächste Aufgabe folgte ein zufälliges Item aus der Menge der noch nicht bearbeiteten Aufgaben. Die einzelnen Bedingungen unterscheiden sich im Hinblick auf die Rückmeldung bei falschen Antworten sowie auf die spezielle Auswahl der weiterführenden Aufgaben.

Feedbackvarianten:

  • Knowledge of Result: In Abhängigkeit von Antwort entweder "richtig" oder "falsch"
  • extracurriculares, elaboriertes Feedback: Die nächste Aufgabe wurde als Demonstrationsbeispiel im Sinne eines worked-out-Examples vorgegeben, dort expository example genannt.
  • Sequenzierung der Aufgaben bei falscher Lösung
    generalization-rule: Das nächste Item - hier als Rückmeldung gedeutet- stammt aus der Menge desjenigen Begriffs, der bei der letzten Aufgabe der Zutreffende war.
    discrimination-rule Das nächste Item stammt aus der Menge desjenigen Begriffs, den der Lerner fälschlicherweise bei der letzten Aufgabe als richtig eingestuft, also falsch beantwortet hatte.
    Die Variante extracurriculares, elaboriertes Feedback unter generalization-rule begründet anhand eines neuen Beispiels, warum bei der vorhergehenden Aufgabe die richtige Antwort zutreffend war. Sie bietet quasi eine neue Musterlösung für die vorherige Aufgabe und erklärt die korrekte Lösung bzw. verdeutlicht das Lösungsprinzip.

    Da ein konkretes Aufgabenbeispiel fehlt, habe ich selbst eins konstruiert, wie ich mir das prinzipielle Vorgehen extracurricularen, elaborierten Feedbacks unter generalization-rule vorstellen könnte.

    Ein Jugendlicher hat von seinen Eltern insgesamt 6 Gutscheine gesammelt, die er für Kinokarten eintauschen kann. Jedes Mal, wenn er der Verpflichtung, den Tisch abzuräumen nicht rechtzeitig nachgekommen war, musste er den Eltern sofort einen Gutschein zurückgeben. Daraufhin räumte der Jugendliche regelmäßig termingerecht den Tisch ab.
    Welches Lernprinzip kommt hier zur Anwendung ?
     
    1.) positives Reinforcement.
    2.) negatives Reinforcement
    3.) positive Bestrafung
    4.) negative Bestrafung
    Die Variante extracurriculares, elaboriertes Feedback unter discrimination-rule verdeutlicht anhand eines neuen Beispiels, wie der falsche ausgewählte Begriff eigentlich verstanden werden sollte, klärt so quasi, unter welchen Bedingungen die falsche Alternative richtig wäre.
             Mittelwerte, Standardabweichungen  und (Prozentsatz der korrekten Lösungen) im Posttest.
                         Knowledge     Extra-curriculares  Effektstärke d
                         of Result     elaboriertes,       zugunsten von 
                         Feedback      Feedback            elaboriertem Feedback
     generalization      12.3  (51%)     17.5  (73%)       1.6
     rule                 3.8             2.6
     Discrimination      14.6  (61%)     16.3  (68%)       0.51 
     rule                 3.4             3.2
    Die Faktorkombination extracurriculares, elaboriertes Feedback unter generalization-rule erwies sich insgesamt als beste Feedbackstrategie. Wie aus den Posttestergebnissen in der Tabelle hervorgeht, ist der Vorteil elaborierten Feedbacks unter generalization-Regel eindeutig lernwirksamer als eine der KOR-Varianten. Dieser Vorteil verstärkte sich im späteren Behaltenstest noch sehr deutlich und hier war elaboriertes Feedback unter generalization-rule dem elaborierten Feedback unter discrimination rule sogar signifikant überlegen. Damit erzielte KCR + elaboriertes Feedback eher bessere Lernergebnisse als eine KCR+response-contingent -Feedbackprozedur, welche die korrekte Lösung nicht elaborierte.

    Diskussion der Ergebnisse
    Die Lerneffektivität elaborierten, extracurricularen Feedbacks gegenüber KOR ist hier für Begriffslernen eindeutig überzeugend nachgewiesen worden. Im Gegensatz zu vielen Feedbackuntersuchungen und damit näher an der Schulwirklichkeit, beginnt die Lerneinheit mit einer einführenden Instruktion, in der die Begriffe zunächst einmal verständlich erklärt und definiert wurden. Übung und Posttest beinhalten inhaltsvalide, aber unterschiedliche Items, wodurch der Lernerfolg die Fähigkeit widerspiegelt, Begriffe zu identifizieren und keineswegs nur Eingeübtes zu behalten. Der zweite Posttest (Behaltenstest) nach einer Woche belegt die Stabilität des Lernvorteils und bringt die Effekte noch deutlicher zum Vorschein.

    Es bleibt unverständlich, warum die Autoren keine weiteren wichtigen Lernprozessdaten, etwa Lernzeiten oder Aufgabenanzahl bis zur Erreichung des Kriteriums für die 4 Bedingungen mitteilen. Somit können auch keine Aussagen zur Lerneffizienz gemacht werden. Spätestens aus der Metaanalyse von Bangert-Drowns et al. (1991) ist bekannt, dass die Lernwirkung von KOR in der Regel nicht über die einer reinen Testung ohne Rückmeldung hinausgeht. Es ist geradezu verwunderlich, wie die Lernenden unter den KOR-Bedingungen überhaupt das Kriterium erreichen konnten. Im Nachhinein betrachtet, hätte es nahe gelegen, als ernsthafte Kontrollgruppe zu elaboriertem Feedback statt KOR-Feedback doch wenigstens sparsames KCR-Feedback zu verwenden. Aus den Befunden kann somit nicht einfach abgeleitet werden, eine eher konventionelle direkte Aufgabenbesprechung (etwa Musterlösung zur gestellten Aufgabe) sei weniger effektiv als die Musterlösung an einer neuen analogen Aufgabe, weswegen diese Studie auch nicht als Beleg für die besondere Wirksamkeit adaptiven Feedbacks gewertet werden kann. Besonders interessant sind die Überlegungen zur adaptiven Aufgabensequenzierung. Im Falle eines Fehler folgt quasi im Feedback ein Lösungsbeispiel für das entsprechende Lehrziel und im Anschluss daran wird sooft eine ähnliche Aufgabe vorgelegt, bis der Lerner erfolgreich den Nachweis erbringt, dass er den Begriff an einer neuen Aufgabe auch tatsächlich beherrscht. Hier frage ich mich, warum diese adaptive Verwendung von Aufgabenstellung und Lösungsbeispiel in der neueren Worked-out-example-Forschung nicht aufgegriffen wurde.

    Der Aufwand an die Lehre, für 4 nicht allzu schwere Begriffe 96 Aufgaben nach bestimmten Regeln zu konstruieren, ist gigantisch und sprengt die Grenzen herkömmlicher Bildungsökonomie. Diese Bewertung hängt aber unter anderem auch davon ab, wie viele Lernende auf solche Übungen zurückgreifen könnten und im Zeitalter des WWW würde sich der Aufwand, rein theoretisch betrachtet, ganz schnell relativieren.

    mögliche Alternativen
    Es bieten sich einige Alternativen zum Vorgehen von Park und Tennyson an. Meiner Meinung nach sollte auf jeden Fall KCR rückgemeldet werden und die bearbeitete Aufgabe geklärt werden. Im folgenden wird bei falschen Antworten zunächst eine Art Discrimination rule angewendet, dann die zutreffende Antwort begründet und zusätzlich die generalization rule angewandt. Bei korrekten Antworten wird die zutreffende Antwort begründet und ebenfalls ein neues Demonstrationsbeispiel herangezogen, wobei dem Lerner überlassen bleibt, ob er im Falle der korrekten Lösung die Rückmeldungen überhaupt sichten will.

    Ein Jugendlicher hat von seinen Eltern insgesamt 6 Gutscheine gesammelt, die er für Kinokarten eintauschen kann. Jedes Mal, wenn er der Verpflichtung, den Tisch abzuräumen nicht rechtzeitig nachgekommen war, musste er den Eltern sofort einen Gutschein zurückgeben. Daraufhin räumte der Jugendliche regelmäßig termingerecht den Tisch ab.
    Welches Lernprinzip kommt hier zur Anwendung ?
     
    1.) positives Reinforcement.
    2.) negatives Reinforcement
    3.) positive Bestrafung
    4.) negative Bestrafung
    Anticipated wrong answer Feedback bei Dempsey, Litchfield & Driscoll (1993)
    Dempsey,  Litchfield  &  Driscoll (1993)  entwickelten ein Computer gestütztes Übungsprogramm für Begriffslernen und einfaches Regellernen. Zentraler Kern des Programms war eine adaptive Instruktionsstrategie. Dabei wurde die Aufgabenschwierigkeit während der Instruktion jeweils in Abhängigkeit von der Aufgabenlösung angepasst. Bei richtiger Lösung folgte eine schwierigere Aufgabe, bei falscher Lösung eine leichtere Aufgabe. Schwache Lerner erhielten so mehr Aufgabenpraxis als gute Lerner. Denn die Studenten mussten solange Aufgaben bearbeiten, bis sie das schwierigste Item gelöst hatten. Da diese Instruktionsstrategie in jedem Falle mindestens KCR als Feedback beinhaltet, auf einer sehr ausgereiften Technik der rationalen Aufgabenmenge (rational set generator) basiert, die Aufgabenanzahl entsprechend dem Lernniveau und dem Lernzuwachs anpasst, führt sie bereits "unabhängig von besonderen sonstigen Feedbackformen" zu ziemlich hohen Erfolgswahrscheinlichkeiten. Nachfolgend werden die Beispiele der Autoren für KCR sowie KCR+response contingent feedback, dort anticipated wrong answer (AWA) feedback genannt, in einer möglichen Ausführungsart simuliert.

    Klassisches KCR

    In her laboratory experiments, Jane isolated an unknown substance from an azalea plant. She noticed that when she injected this substance into laboratory rabbits, their tolerance for heat increased. What might be occurring in the nervous system?
     
    1.) binding of the postsynaptic receptor sites
    2.) enhanced secretion of excitatory neurotransmitters
    3.) enhanced secretion of inhibitory neurotransmitters 
    4.) increased amount of neurotransmitter substances 
    KCR + anticipated wrong answer (AWA) feedback
    In her laboratory experiments, Jane isolated an unknown substance from an azalea plant. She noticed that when she injected this substance into laboratory rabbits, their tolerance for heat increased. What might be occurring in the nervous system?
     
    1.) binding of the postsynaptic receptor sites
    2.) enhanced secretion of excitatory neurotransmitters
    3.) enhanced secretion of inhibitory neurotransmitters
    4.) increased amount of neurotransmitter substances

    Im gegebenen Fall erzielten alle an den Experimenten teilgenommenen Studenten (einschließlich weiterer hier nicht genannter Experimentalgruppen) im Durchschnitt 78% korrekter Lösungen im Behaltenstest. Es konnten keine signifikanten Leistungsunterschiede zwischen KCR und AWA-feedback (=response contingent feedback) festgestellt werden. Die Studierzeiten während der Instruktion sowie die Feedbackstudierzeiten fielen demgegenüber bei anticipated wrong answer Feedback deutlich höher aus als bei KCR, was dann ingesamt eine geringere Lerneffizienz von Response contingent Feedback nach sich zog.

    Die Bedingungen in dieser Studie waren denkbar ungünstig, um potentielle Vorteile ausführlicheren Feedback aufzudecken zu können. Wegen der ausgereiften Instruktionsstrategie konnten unterschiedliche Feedbackformen nicht mehr viel bewirken. Zudem waren die Studenten höchstwahrscheinlich hinreichend motiviert, da der Behaltenstest benotet wurde. Die Autoren sagen selbst: "the effect of presenting a varying number of instances based on learner needs overcomes any differences in retention that may have been observed with a fixed number of interrogatory instances." Die potentiell fördernde Wirkung elaborierten Feedbacks, die sich möglicherweise bei einer geringeren fixen Aufgabenanzahl hätte andeuten können, wird durch hinreichende Aufgabenpraxis bis zur Beherrschung aller Aufgaben regelrecht niedergewalzt.

    Fehlerbegründung beim Begriffslernen in der Studie von Whyte, Karolick, Nielsen, Elder & Hawley (1995)
    Whyte et al. (1995) überprüften bei Kadetten der US-army die Wirksamkeit mehrere Feedbackformen. Die Lehrziele des Unterrichts bezogen sich dabei auf Begriffslernen und wurden in einer 40 Minuten dauernden CAI-Lesson vermittelt. Neben klassischem KCR gab es auch eine Bedingungsvariante, die zu KCR weitere Informationen darbot (dort KCRI genannt), welche am ehesten als response contingent feedback zu interpretieren ist. "Knowledge of Correct Response plus additional information details why the correct answer ist correct or why the incorrect answer is not correct." Leider zeigen die Autoren kein konkretes Beispiel, aus dem erkennbar wäre, wie ausführlich die Rückmeldungen gestaltet waren. Es wird lediglich mitgeteilt: The information in feedback focused on the relevant critical attribute of a concept. Die Kadetten wurden nach Vorwissen stratifiziert und zufällig den Bedingungen zugeteilt, was experimentellem Niveau entspricht. Unmittelbar nach der Übungsphase schloss sich ein Posttest an.

    Die Darstellung der Ergebnisse kann nur als völlig unbefriedigend bezeichnet werden. Detaillierte deskriptive Ergebnisse in Form von Mittelwerten und Streuungen fehlen gänzlich. Die verbale Ergebnisdarstellung ist nicht hinreichend verständlich und wird daher hier als Übungstext für Exegesezwecke zitiert: "As expected, the more the information, the better the students scored on the concept akquisition test. The difference were significant at the p<.01 level for each level of feedback. In addition, the differences between successive groups continued to increase until KCR und KCRI are compared. There was still improvement, but no significant gains. Ich schließe aus allem:  Während erwartungsgemaß die KCR-Varianten signifikant besser abschnitten als die KOR-Varianten, erzielte KCR + response contingent feedback (=KCRI) gegenüber trivialem KCR keine signifikanten Vorteile im unmittelbaren Posttest. Über KCR hinausgehendes response-contingent Feedback führte somit zu keiner höheren Lerneffektivität im Vergleich zu einfachem KCR. Mit dieser Auslegung komme ich allerdings zu einem anderen Ergebnis als die Deutung von Mason und Bruning.

    Antwort adaptives Feedback gegen KCR in der Studie von Gayo-Avello & Fernández-Cuervo (2003)
    Gayo-Avello & Fernández-Cuervo (2003) untersuchten im Rahmen eines Seminars die Auswirkungen zweier Online Self-assessment Tools auf die Lernleistung theoretischer Konzepte der Algorithmen und Programmiersprachen (Funktionen, Subroutinen und Recursionen). Die Teilnahme am Experiment war freigestellt und somit nicht notwendiger Bestandteil des Seminars, obgleich sich die Übungen auf die Themen des Seminars bezogen. Den Teilnehmern wurde mitgeteilt, es handele sich um die Evaluation neuer Bildungssoftware.

    An dem Experiment nahmen insgesamt 24 Studenten teil, die nach Zufall auf 3 Gruppen aufgeteilt wurden.

    1. Traditioneller MC-Test: MC-Aufgaben mit itemspezifischer Rückmeldung KOR und KCR sowie der Rückmeldung des Gesamtergebnisses
    2. Antwort abhängiges Feedback : Duck-Tests: (spezielle php-Software). Gleiche MC-Aufgaben wie bei 1, jedoch mit Antwort-adaptiven Rückmeldungen zu jeder Alternative, aber ohne jede explizite Bewertung (richtig/falsch), also kein KCR sowie keiner Mitteilung des Gesamtergebnisses. Offenbar wurden für jeden Distraktor und die korrekte Alternative spezielle verbale Rückmeldungen gegeben. Leider werden auch hier keine praktischen Aufgabenbeispiele gezeigt.
    3. No-Treatment Kontrollgruppe
    Alle Probanden absolvierten zu Beginn einen Test zu theoretischen Konzepten der Programmierung. Erwartungsgemäß gab es in diesem Vortest keine Unterschiede zwischen den Gruppen. Die Experimentalgruppen bearbeiteten in den nächsten 3 Wochen an insgesamt 3 Terminen jeweils 40 MC-Aufgaben am Computer. Die Bearbeitungszeit jeder Computersitzung war für beide Gruppen stets gleich, betrug jeweils 60 Minuten und belegt so vergleichbare Lernzeiten für beide experimentellen Bedingungen. Unter den MC-Trainingsaufgaben waren zu 25 % auch solche Items, die im Vortest erhoben wurden. Am Ende wurde der Nachtest zur Bearbeitung vorgelegt, der mit dem Vortest identisch ist. Zusätzlich zu den Lernleistungen wurden Einstellungen hinsichtlich des Lehrstoffs, die Qualität der Hausaufgaben (home work performance tests) und die Studierzeit während des Untersuchungszeitraums erfasst. Auch hierbei wurden keine Unterschiede zwischen den 3 Gruppen gefunden, was insgesamt die Erwartung erhärtet, mögliche Unterschiede zwischen den Gruppen seien nur durch die experimentelle Bedingungen verursacht.

    Beide Experimentalgruppen erzielten signifikant und praktisch bedeutsam höhere Nachtestwerte als die Kontrollgruppe. Die Experimentalgruppen verbesserten ihre Nachtestwerte sehr bedeutsam gegenüber ihren Vortestwerten, während die Kontrollgruppe sich leicht verschlechterte. Die beiden experimentellen Gruppen erreichten jedoch hoch vergleichbare Ergebnisse im Posttest. Sehr aufwändiges, Antwort abhängiges Feedback für jede Alternative führte somit zu keinem höheren Lernerfolg (hinsichtlich Lerneffizienz und Lerneffektivität) als traditionelle MC-Tests mit Rückmeldung der erzielten Aufgabenergebnisse, der korrekten Antworten und des Gesamtergebnisses. Der am Ende der Maßnahmen durchgeführte user satisfaction test ergab nach Angaben der Autoren höhere Werte für die Feedbackgruppe mit Antwort abhängigem Feedback gegenüber der einfachen Multiple-Choice-Test-Gruppe. Leider belegen die Autoren diese Behauptung nicht durch entsprechende Daten. Sie spekulieren aber darauf, dass antwortabhängige Rückmeldungen deshalb in der Praxis eher akzeptiert werden würden, was bei freiwilligen Angeboten eine stärkere Nutzung nach sich zöge. Sicherlich muss es auch als wichtiges positives Ergebnis gewertet werden, auf subjektiver Ebene Präferenzen für eine pädagogisch anspruchsvollere Maßnahme gefunden zu haben.

    Der klare Vorteil der experimentellen Gruppen gegenüber der Kontrollgruppe ist insofern verständlich, als die Bearbeitung von Aufgaben mit Feedback nachweislich zu höheren Lernleistungen im Vergleich zu "gar nichts" führt.  Das gilt insbesondere dann, wenn in der Übungs- -und Testphase identische Aufgaben bearbeitet werden. Allerdings dürften die 25% identische Items in Übungs- -und Testphase nicht ausreichen, um den riesigen Lernvorteil der Experimentalgruppen von mindestens 1.5 Effektstärken allein diesem trivialen Lerneffekt zuzuschreiben. Da "the students from the three groups studied mostly the same (that is, little).", lässt sich der Großteil des Lernerfolgs der beiden Experimentalgruppen darauf zurückführen, dass diese dazu angehalten wurden, sich durch die Tests einschließlich der Rückmeldungen ernsthaft mit dem Thema zu beschäftigen, während die Kontrollgruppe von sich aus zu wenig aktiv wurde. Das kann ganz anders aussehen, wenn statt eines freiwilligen Posttests eine konsequenzenreiche Prüfung ansteht. Allein in der letzten Woche vor einer Klausur können in manchen Lerngebieten auch ohne spezielle Tests und Rückmeldungen gut 1 bis 1.5 Standardabweichungen an Lerngewinn erzielt werden (siehe Jacobs 2003, Leistungsveränderung)

    Die Untersuchung ist vom experimentellen Aufbau und der Kontrolle exzellent durchgeführt und hebt sich insofern sehr positiv von vielen empirischen "Internet Studien" ab, die neben einer schwachen Versuchsplanung meist auch nur subjektive Daten mitteilen, die keine Schlussfolgerung über objektive Leistungsveränderungen zulassen. Die Einbettung der Studie als Übungstool innerhalb eines Seminars spricht für eine gewisse ökologische Validität, wenngleich keine direkt prüfungsrelevanten Ergebnisse als abhängige Variable fungierten. Der bewundernswerten internen und der passablen externen Validität steht allerdings eine ausgesprochen schwache statistische Validität gegenüber. In einem unabhängigen Randomisierungsplan mit jeweils 7 Probanden pro Gruppe ist ein theoretisch höchstens als mäßig anzunehmender, potentieller Lernvorteil antwortabhängigen Feedbacks gegenüber KCR wegen zu hohem Betafehler statistisch kaum zu sichern. Leider werden auch keine Mittelwerte über die Prozentsätze der korrekten Lösungen im Posttest mitgeteilt, aus denen man die Aufgabenschwierigkeit der Tests abschätzen könnte. Es ist durchaus denkbar, dass elaboriertes Feedback erst ab einem bestimmten Schwierigkeitsniveau einfachen Feedbackformen überlegen ist.


    Diskussion zu Studien mit Multiple Choice und einem Antwortversuch
    Die wenigen, hier zitierten empirischen Studien zum response contingent feedback erlauben unter strikter methodischer Betrachtung überhaupt keine generellen Schlussfolgerungen, hinterlassen, etwas lockerer gesehen, insgesamt aber nicht den Eindruck, dieses Antwort abhängige Feedback sei eine unverzichtbare Feedbackmaßnahme. Deutliche, konsistente Vorteile von response contingent feedback gegenüber KCR sind nicht erkennbar. Wie sich in etlichen Untersuchungen theoretisch durchaus verständlich abzeichnete, erfordert Antwort abhängiges Feedback häufig mehr Lernzeit als KCR, weil insgesamt mehr Rückmeldung gegeben wird. Die höhere Lernzeit zahlt sich aber nicht zwingend in einer höheren Lerneffektivität aus. Man kann meiner Meinung nach aus den Befunden schon die Empfehlung abgeben, für eine Aufgabenkonstruktion unter "normalen pädagogischen Alltagsbedingungen" lohne sich die aufwändige Rückmeldung für jede Antwortalternative in der Regel nicht. Einfache Rückmeldungen könnten sich somit auf KCR und der elaborative Anteil auf eine knappe Musterlösung beschränken.

    Die Lernwirksamkeit von RCF-Feedback lässt sich natürlich nicht so einfach anhand der technischen Vorteile oder der umfangreicheren Information gegenüber einfacheren Varianten bewerten, da sie wesentlich von einer ausgereiften, inhaltlichen Aufgabengestaltung und dem Niveau der Rückmeldungen abhängt. Hier sind erhebliche didaktische Vorarbeiten, ausgiebige Aufgaben- bzw. Lehrzielanalysen, hinreichendes empirisches Wissen über Lösungsstrategien -und verhalten im betreffenden Sachgebiet sowie hohe pädagogische Erfahrung gefragt. Ausgereifte Aufgabenstellungen sind praktisch nur von ausgesprochenen Expertenteams herzustellen und für den "normalen Lernautor" völlig utopisch.

    Manche Autoren äußern sich häufig recht allgemein über Lehrziele und Aufgabeninhalte. Ich bin bereits froh, wenn wenigstens ein Aufgabenbeispiel verbal einmal ganz explizit durchgespielt wird, obgleich man die Vorgehensweise eigentlich in der originalen Präsentationsform sehen müsste, weil auch die mediale Darstellung den Lernerfolg merklich beeinflussen kann. Insbesondere bei älteren, Computer basierten Studien könnte z.B. die Aufgabenstellung und das Feedback durch Bildschirmwechsel auseinander gerissen worden sein. Auch die hier gezeigten Aufgabenbeispiele lassen sich medial sicher noch verbessern. In neueren Studien müsste eine via Internet erreichbare Präsentation von Aufgabenbeispielen eigentlich selbstverständlich sein. Man kann somit schlecht einschätzen, in wie weit umständliche Präsentationsformen sich nachteilig für fehlerspezifisches Feedback auswirken.

    Manche Autoren machen überhaupt keine spezifischen Angaben zur Auswahl der Distraktoren. Gilman (1969) sagt zu der Auswahl seiner Distraktoren immerhin :" one response to each item was a common misunderstanding of the concept, and the other two responses were reasonable und plausible distractors. Die reasonable and plausible distractors scheinen jedenfalls nicht sehr sorgfältig ausgewählt . Whyte, Karolick, Nielsen, Elder & Hawley (1995) sprechen von kritischen Attributen in den Rückmeldungen, verzichten aber auf Aufgabenbeispiele, die eine Bewertung der Distraktoren zulassen würden. Park und Tennyson (1985) sowie Dempsey, Litchfield & Driscoll (1993) wählten die Beispiele bzw. Distraktoren jedoch sehr sorgfältig auf der Basis theoretischer Überlegungen zur rationalen Aufgabenmenge aus.

    Untersuchungsbedingungen zum Nachweis von RCF-Feedback
    Ob das Antwort abhängige Feedback überhaupt eine besondere Wirkung hinterlassen kann, hängt von weiteren Faktoren ab, weil neben dem Lehrziel bzw. Lehrzielniveau etliche sonstige Unterrichtsmaßnahmen potentielle Vorteile besonderer Feedbackmaßnahmen mehr oder weniger gut zur Geltung kommen lassen. (z.B. das Vorhandensein bzw. die Qualität der vorausgehenden Instruktionen, die Aufgaben- auswahl und steuerung, das Ausmaß der Aufgabenpraxis, etwa fixiert oder Mastery Testing, eine Benotung der Leistungsergebnisse oder auch nicht). Direkte Aufgabenstellungen ohne vorausgehende Instruktionen, wie bei Gilman (1969) oder Tennyson, Steve & Boutwell (1975), begünstigen eher aufwändige Rückmeldungen. Kein vernünftiger Pädagoge kommt aber auf die Idee, eine solche Aufgabenpraxis im Schulalltag anzuwenden.
    Unterschied zwischen KCR+Musterlösung und RCF +Musterlösung
    Antwort-abhängiges Feedback im Anschluss an die korrekte Lösung könnte man sich als klassische elaborierte Rückmeldung vorstellen. Sie zeigt z.B. die Musterlösung auf bzw. begründet das beste strategische Vorgehen. Diese Form des Feedback ist von zentraler Bedeutung und letztlich wichtiger als spezielle Statements zur falschen Antwort. In etlichen Fällen genügt bereits einfaches KCR, sofern der Lerner sich selbst die Antwort verständlich machen kann. Notfalls könnte man elaboriertes Feedback zur Erklärung der korrekten Lösung  (etwa die Musterlösung) optional anbieten. Der entscheidende Unterschied antwortabhängigem Feedback gegenüber einfachem KCR bzw. einer kurzen Musterlösung liegt in den spezifischen Rückmeldungen zu den Distraktoren. Damit sich überhaupt Leistungsunterschiede zwischen den Feedbackvarianten zeigen können, müssen deshalb zunächst einmal hinreichend viele Fehler gemacht werden, was pädagogisch keineswegs optimal erscheint.
    Was nützen Rückmeldungen zu Fehlern ?
    Die besondere Wirksamkeit fehlerspezifischen Feedbacks hängt ganz entscheidend von der Notwendigkeit einer Fehlerbetrachtung und der überlegten Auswahl der Distraktoren einschließlich ihrer Rückmeldungen ab. Das Wissen, warum eine Antwort falsch ist, muss demnach zielführend sein und einen Beitrag zur Lehrzielerreichung leisten. Im Mittelpunkt steht die Frage: Was kann der Übende über die Kenntnis der korrekten Lösung hinaus daraus lernen, wenn er noch gezielte Informationen zu der von ihm falsch angekreuzten Alternative oder der falschen freien Antwort erhält. In der Studie von Kulhavy et. al. (1985)  konnte der Lernende aus dem Feedback zur falsch gewählten Alternative z.B. überhaupt nichts Relevantes lernen, weil im Lernerfolgstest ausschließlich die korrekten Lösungen wieder erkannt werden mussten. Nähere Erklärungen zu irgendwelchen Fehlern waren offensichtlich nicht lehrzielrelevant. Die zusätzliche Information im Anschluss an einen Fehler war gänzlich unnötig und verschlang somit lediglich mehr Bearbeitungszeit.

    Anders sieht die Lage aus, wenn die Distraktoren selbst zum Lehrziel gehören (etwa bei Park und Tennyson). Geht es z.B. um das Differenzieren von Begriffen, Regeln oder Prozeduren, so wird ein falsch zugeordneter Begriff, der ebenfalls lehrzielrelevant ist, beim Anklicken der entsprechenden Alternative dann genauer erklärt und vom zutreffenden Begriff abgegrenzt. Der Lerner könnte so durch das Aufzeigen eines Kontrastes sowohl die korrekte Lösung, sowie den falsch angekreuzten Begriff besser verstehen und voneinander abgrenzen. Bekannte und häufig gemachte Fehler bzw. stabile Verwechslungen werden beim Anklicken der Alternative als eindeutig falsch herausgestellt und könnten in Zukunft aus dem Bereich der möglichen Fehler verschwinden. Das Bewusstsein für falsches Vorgehen wird geschärft. Günstigstenfalls wird der Fehler verstanden, der Gültigkeitsbereich der Alternative für sonstige Aspekte geklärt und dieses Verständnis für ein weiteres Lehrziel gewonnen.

    Einige Überlegungen und Alternativen zu Response contingent feedback
    Bei einer Aufgabenstellung mit RCF wird die Instruktion potentiell erweitert und bei Fehler aktiviert. Selbst bei trivialem Faktenwissen kann Antwort abhängiges Feedback so in einem allgemeinen Sinne lernfördernd sein, weil der Lerner die korrekte Antwort zur gestellten Aufgabe und zusätzlich für seinen Fehler erhält, wie nachfolgendes, sehr triviales Beispiel zeigt.

    Anschauungsbeispiel für Antwort abhängiges Feedback bei Faktenwissen

    Wie heißt die Hauptstadt von Ghana ?
    1.)Libreville
    2.)Luanda
    3.)Banjul
    4.)Accra
    5.)Abuja

    Wer die Hauptstadt von Ghana nicht sicher kennt und deshalb einen Fehler macht, bekommt bei der Rückmeldung Informationen zu zwei Hauptstädten Afrikas und könnte bei einem Posttest, der alle Hauptstädte Afrikas prüft, selbst im Vorteil gegenüber einem solchen Lerner sein, der die Hauptstadt von Ghana kennt, aber viele andere Hauptstädte nicht. Die adaptive Strategie von Siegel und Misselt (1984) macht sich einen ähnlichen Vorteil beim Vokabellernen zu nutze. Verwechselt der Lerner eine Vokabel mit einer weiteren Vokabel in der aktuell zu lernenden Liste, so werden beide Vokabeln mit den entsprechenden Übersetzungen rückgemeldet. Dieses Prinzip ließe sich durch Zugriff auf eine Datenbank erweitern, in dem zum korrekten Vokabelpaar jeweils auch eine falsch eingegebene, sofern existierende Vokabel des Wörterbuchs mit der entsprechenden Übersetzung gegenüber gestellt wird.

    Was spricht bei einfachen MC-Aufgaben dagegen, klassisches KCR mit der Rückmeldung zu allen Alternativen zu verbinden, wie unten aufgezeigt. Technisch sind derartige Rückmeldungen wesentlich einfacher zu konstruieren.

    Wie heisst die Hauptstadt von Ghana ?
    1.)Libreville
    2.)Luanda
    3.)Banjul
    4.)Accra
    5.)Abuja

    Zumindest bei sehr kurzen Rückmeldungen scheint mir diese Form der Rückmeldung direktem Antwort-adaptivem Feedback mindestens ebenbürtig. Lee-Sammons & Wollen (1989) fanden keine deutlichen Unterschiede zwischen beiden Varianten, obgleich die Rückmeldungen zu den Alternativen dort noch umfangreicher waren, aber immerhin zusammen noch auf eine Bildschirmseite passten. Es deutete sich lediglich an, dass schwache Lerner von der Antwort adaptiven Variante etwas mehr profitierten, womöglich, weil mehr Information bei diesen Lernern eher überfordernd gewirkt haben könnte. Ein klarer Vorteil des Antwort adaptiven Feedbacks liegt ja auch gerade darin, gezielt nur die "notwendigen Informationen" zu geben.

    Zuordnungsaufgaben wären eine weitere ernst zu nehmende Alternative, die korrekte Abgrenzung von Lösungen zu ihren Distraktoren zu fördern. Hier geht quasi aus der Aufgabenstellung schon ganz klar hervor, dass alle Alternativen zum Lehrziel gehören und KCR eigentlich ausreicht.

    Ordne die Hauptstädte den entsprechenden Ländern zu !
     
    a
    Angola
    b
    Gambia
     c
    Ghana
    d
    Nigeria
    e
    Gabun
    1.)
     Libreville
    2.)
     Luanda
    3.)
     Banjul
    4.)
     Accra
    5.)
    Abuja
    Hinweis: (In der Praxis würde man natürlich alle Hauptstädte der Länder besser mittels short answer Aufgabentyp solange testen, bis sie ziemlich sicher beherrscht würden! z.B.: afrika.bat aus afrika.zip anklicken!")

    Was hier für triviales Faktenwissen aufgezeigt wird, gilt analog auch für Lehrziele eines höheren Lehrzielniveaus, wenngleich die Komplexitätsgrenze bald erreicht sein könnte. Nachfolgendes Aufgabenbeispiel erfordert Begriffswissen im Sinne der Anwendung, kontrastiert 4 verschiedene Begriffsvarianten und ist zu Beginn einer Übungsphase vielleicht noch etwas zu schwierig.

    Welches Lernprinzip liegt jeweils zugrunde ?
    a
    positive
    Verstärkung
    b
    negative 
    Verstärkung
     c
    positive
    Bestrafung
    d
    negative
    Bestrafung
    1.)
    Das Bellen eines Hundes zur Nachtzeit soll abgestellt werden. Eine besondere technische Vorrichtung bewirkt, dass der Hund bei jedem Bellen unmittelbar einen schmerzhaften, aber nicht lebensgefährlichen oder gesundheitsschädlichen Stromstoß erhält. Durch die auf das unerwünschten Verhalten Bellen folgende konsequente Verabreichung eines aversiven Stimulus sinkt die Auftretenswahrscheinlichkeit des Bellens.
    2.)
    Ein Student macht sich Sorgen über die anstehende Prüfung. Nach ein paar Bierchen und einigen Schnäpsen sind die Sorgen wie verflogen. Der Genuss von Alkohol beendete unangenehme Gedanken. Reaktionen, welche unangenehme Zustände oder Reize ausschalten, werden dadurch in Zukunft häufiger ausgeführt.
    3.)
    Das Einpauken von Vokabeln soll gefördert werden. Ein Schüler lernt Vokabeln und wird anschließend mittels Computer getestet. Jedesmal, wenn  mindestens 80% der Vokabeln richtig gelöst werden, erhält der Schüler 2 Euro Extra-Taschengeld. Vokabellernen sollte so in Zukunft erfolgversprechender in Angriff vorgenommen werden. Positive Konsequenzen erhöhen die Auftretenswahrscheinlichkeit der vorausgehenden Reaktion.
    4.)
    Um den Schallpegel der Stereoanalage in Grenzen zu halten, wurde der Verstärker so bearbeitet, dass beim einem bestimmten Schallpegel die Sicherung herausfliegt. Nachdem ein Teenager einige Male beim Überdrehen des Volumeknopfes plötzlich keinen Ton mehr hörte, sank die Lautstärke im Verlauf der Zeit auf ein erträgliches Ausmaß. Die unerwünschte Reaktion nahm ab, da sie einen erwünschten Zustand (Musikhören) beendete. 
    Zuordnungsaufgaben sind nicht mehr angemessen, wenn komplexere Regelanwendung und Problemlöseaufgaben anstehen, weil mit einer Problemstellung die kognitive Belastung häufig bereits erschöpft ist. Bei solchen Aufgaben beziehen sich die antwortabhängigen Rückmeldungen auch eher auf typische Fehler bzw. falsche Strategien und hier sind sie nicht so leicht durch andere Aufgabenformen zu ersetzen, es sei denn, man untergliedert die Gesamtaufgabe in Teilaufgaben. Nachfolgendes Beispiel stellt bereits sehr hohe Anforderungen an den Lerner, in dem durch response contingent Feedback die korrekte Antwort mit einer potentiellen Verwechslung kontrastiert wird. Es ist aber sehr unwahrscheinlich, dass derartige Aufgabenanforderungen in den zuvor berichteten Experimenten Verwendung fanden.
    Um welches Kombinatorikproblem handelt es sich bei nachfolgender Frage ?
    Wie viele unterschiedliche Möglichkeiten gibt es, aus den möglichen Zahlen  1,2,3,4  eine zweistellige Zahl zu bilden, wobei man jede der vier Zahlen beliebig oft verwenden kann. ?
    1.)Kombination mit Wiederholung.
    2.)Kombination ohne Wiederholung
    3.)Variation mit Wiederholung
    4.)Variation ohne Wiederholung
    Als Alternative zur nachträglichen Fehleranalyse bei komplexen Aufgaben mit mehreren Lösungsschritten bietet sich an, die Aufgabe in Teilaufgaben zu zerlegen, die dann mit recht sparsamem Feedback auskommen (siehe etwa: Übungen zur Kombinatorik).
    Resümee
    Bei einfachem KCR-Feedback konzentriert sich der Lerner nach der Beantwortung höchstwahrscheinlich vornehmlich auf die korrekte Lösung. Das ist zunächst einmal sinnvoll, denn der zentrale Aspekt einer Aufgabe ist ihre Lösung. Weicht die Antwort des Lerners von der korrekte Lösung ab, könnte er sich auch selbständig mit seinem Fehler befassen, was durch eine Markierung von korrekter Lösung und eigener Antwort möglicherweise noch verstärkt wird. Intensives Feedbackstudium ist vor allem dann zu erwarten, wenn man im sicheren Glauben, die korrekte Lösung zu kennen, dennoch einen Fehler macht (Kulhavy & Stock 1979). Bei Antwort-abhängigem Feedback wird der Fehler durch die spezifische Rückmeldung besonders akzentuiert und der Lerner so deutlich aufgefordert, sich auch mit dem Fehler zu beschäftigen. RCF-Feedback erhöht somit gegenüber KCR das Fehlerbewusstsein. RCF-Feedback erhöht in jedem Fall den Umfang des Feedbacks und mag jene pessimistisch stimmen, die glauben, in der Praxis würde jedes weitere Wort im Feedback die Wahrscheinlichkeit senken, dass es zur Kenntnis genommen wird.

    Ich sehe 3 nicht ganz voneinander unabhängige Aspekte, welche die Verwendung von RCF-Feedback näher beschreiben könnten.

    1.) Fehler werden deutlicher als Fehler erkannt.
    Werden die Distraktoren auf der Basis einfacher Plausibilitäten entwickelt und beziehen sich die Rückmeldungen nur auf die Falschheit der Antwort,  so wird dem Lerner lediglich vermittelt: "Das war aus diesen oder jenen Gründen falsch".  Ein Fehler muss explizit als Fehler zur Kenntnis genommen werden und wird als solcher vielleicht verworfen, selbst wenn er nichts zur Lösung beiträgt. Dazu mag etwa die Erkenntnis beitragen, warum hier ein Fehler vorliegt und die Lösung so nicht erreicht werden kann:  "Kalkutta liegt in Indien und kann deshalb nicht Hauptstadt eines afrikanischen Landes sein."  Auf diese Weise wird aber vornehmlich nur negatives Wissen ("Das stimmt nicht, bzw. so geht's nicht") gefördert, was natürlich wenig zu positivem Wissen beiträgt.

    2. Der Wissensbereich wird erweitert und diese Erweiterung fördert indirekt die Lehrzielerreichung.
    Am Fehler selbst wird etwas aufgezeigt, was in einem anderen Kontext oder für ein anderes Lehrziel nützlich erscheint. Zugleich muss dieser Fehler ein attraktiver Distraktor sein (z.B. mögliche Verwechslung mit der korrekten Lösung), etwa: "New York ist nicht Hauptstadt, sondern die größte Stadt der USA. Die größte Stadt eines Landes ist keineswegs immer Hauptstadt". Die Rückmeldung zum Fehler verbessert ein Wissen, was mit der gestellten Aufgabe direkt nur bedingt etwas zu tun haben muss. So kann man z.B. beim Fehler vermuten, dass ein bestimmter Begriff oder eine Regel offenbar unzureichend verstanden wurde und deshalb, quasi im Sinne remedialen Lernens diese Gelegenheit nutzen, die durch die falsche Antwort offenbarte Unklarheit in der Rückmeldung zum Distraktor zu bereinigen. Aber nur wenn dieser falsch verstandene Begriff oder eine falsche Prozedur auch zum Lehrziel gehören oder seine Beherrschung die Lehrzielerreichung fördert sowie das entsprechende Wissen auch im Posttest irgendwie geprüft wird, kann sich ein Lernvorteil zeigen.

    3.) Das Erkennen des Fehlers und seine Behebung verbessert deutlich zukünftiges Lösungsverhalten
    Der Fehler selbst markiert einen ganz wesentlichen Aspekt, der bei der korrekten Lösung beachtet werden muss. Ein bestimmtes Fehlkonzept wird als untauglich für den Lösungsansatz eingesehen. Die Behebung des speziellen Fehlers führt näher zur Lösung:  z.B. Beim Begriffslernen fehlt ein notwendiges Attribut und die falsche Alternative ist nicht hinreichend für die Lösung. "Die Figur erfüllt alle Bedingung eines Vierecks bis auf die Tatsache, dass eine Seite nicht gerade ist. (Übergeneralisierung). oder die Figur wird nicht mehr als Viereck erkannt, obwohl alle notwendigen Bedingungen vorliegen, aber eine variable Bedingung nicht als irrelevant erkannt wird (Überdifferenzierung). Bei komplexeren Aufgaben könnte die Rückmeldung zum Fehler die Fehlerquelle genau isolieren, womit dann direkt deutlich wird, an welcher Stelle im Lösungsprozess umgedacht werden muss. So könnte die Rückmeldung möglicherweise einen untergeordneten Lösungsschritt klären, etwa weil eine bestimmte Voraussetzung nicht beachtet wurde, so dass der Lerner in Zukunft zuverlässiger einen Schritt nach vorne kommt. Derartige Rückmeldungen würden die Aufmerksamkeit für die Beachtung der relevanten Aspekte bei der Lösung schärfen, insbesondere dann, wenn sie den Unterschied zur korrekten Lösung klar herausstellten. Solche Fehleraspekte müssten vom aufmerksamen und interessierten Lerner bei rückgemeldeten Musterlösungen selbständig herausgearbeitet werden, was mitunter sogar mehr Eigenaktivität erfordert als bei Antwort-abhängigem Feedback notwendig ist, weil dieses die Fehleraspekte direkt vermittelt.

    Das in den Punkten 1 und 2 angesprochene fehlerspezifische Feedback mag einen gewissen allgemeinen Bildungswert besitzen, wird jedoch nur sehr marginal die direkt angestrebte Lehrzielerreichung verbessern. Man könnte es als pädagogischen Mitnahmeeffekt deuten, der Lernzeit absorbiert, welche der intendierten Lehrzielerreichung verloren geht. RCF-Feedback macht in der Regel nur bei solchen Aufgaben Sinn, die sich auf ein relativ anspruchsvolles Lehrzielniveau beziehen und besonders ernst zu nehmende Fehler erwarten lassen. Die Rückmeldung muss sich auf klare Fehlkonzepte oder häufige Verwechslungen beziehen sowie einen größeren Bereich einengen, in dem der Fehler zu lokalisieren ist.  (Punkt 3). Optimal ist diese Anforderung bei bug-related-feedback gegeben, das auf empirischen Fehleranalysen basiert. Die Auseinandersetzung mit dem Fehler sollte die Lösungswahrscheinlichkeit bei erneuter Vorgabe der Aufgabe erhöhen. Die Distraktoren müssen daher einfaches Plausibilitätsniveau deutlich überbieten. Man könnte sie aufdecken, wenn man die Frage zunächst als offene Aufgabenstellung vorlegt und die freien Antworten analysiert. Dieses Prinzip ist allerdings für die meisten MC-Aufgabenkonstruktionen empfehlenswert. RCF-Feedback kann gegenüber der direkten Präsention des korrekten Vorgehens nur dann Lernvorteile erbringen, wenn die Rückmeldungen zum speziellen Fehler diesen angesprochenen Fehler deutlicher reduzieren und den Weg zur korrekten Lösung einfacher oder sicherer gestalten.

    Response contingent feedback in Verbindung mit AUC und komplexerer Lernangebote
    Bei Response contingent feedback in Verbindung mit Answer until correct- Feedback folgt nach einem Fehler zunächst KOR und ein Antwort abhängiges Feedback, aber keine Rückmeldung des korrekten Ergebnisses oder Vorgehens. Im Anschluss an den Fehler und die Fehlerrückmeldung muss die Aufgabe erneut beantwortet werden. Das Feedback zum speziellen Fehler kann mehrere Funktionen erfüllen (z.B. Fehlerlokalisation, potentielle Fehlerentstehung, falsche Strategie usw.), aber auch diverse Hinweise in Form metakognitiver oder fachspezifischer Hilfen enthalten, um die Lösung im nächsten Versuch selbständig zu finden. Die Reaktion auf Fehler entspricht vielleicht am ehesten dem, was heute unter dem Begriff Scaffolding gefasst wird. Dahinter steckt die Theorie, aktive Eigenbemühung bei dosierter pädagogischer Unterstützung sei der Darbietung einer korrekten Vorgehensweise mit der Aufforderung, sich diese selbst verständlich zu machen, überlegen. Während mir der unerschütterliche Glaube an diese pädagogische These in der Literatur häufig begegnet, so fehlt dabei regelmäßig ein Verweis auf die umfangreichen empirischen Befunde, welche diese These ernsthaft prüften und stützen sollten.

    Das folgende Anschauungsbeispiel setzt bereits einige Kenntnisse in Kombinatorik voraus, um die knappen Rückmeldungen im Fehlerfall überhaupt verstehen zu können. Hier beziehen sich die Fehlerrückmeldungen auf erlaubte Auswahlprozesse bei der falschen Alternative, die bei der korrekten Alternative so nicht vorkommen und die Unterschiede zwischen den Varianten herausheben sollen.
    Beispiel für klassische MC-Aufgabe mit response contingent feedback in Verbindung mit Answer until correct-Feedback

    Um welches Kombinatorikproblem handelt es sich bei nachfolgender Frage ?
    Wie viele Möglichkeiten gibt es, im Lotto 6 aus 49, 6 Zahlen anzukreuzen.
     
    1.)Kombination mit Wiederholung.
    2.)Kombination ohne Wiederholung
    3.)Variation mit Wiederholung
    4.)Variation ohne Wiederholung
    RCF-Feedback lässt sich natürlich auch bei Multiple-Choice-Aufgaben mit mehreren zutreffenden Alternativen anwenden. Nachfolgendes Beispiel gibt Rückmeldung zu jeder angekreuzten Alternative und nach Aufgabenbearbeitung zusammenfassende Erklärungen. Die Rückmeldung zu jeder Antwort wird hier ortsnah und beständig vermittelt, was gegenüber obiger Aufgabenkonzeption mediale Präsentationsvorteile bietet. Die Rückmeldungen beziehen sich inhaltlich auf kritische Eigenschaften und könnten so etwas wie attribute isolation feedback im Sinne von Merrill (1987) widerspiegeln, der leider kein konkretes Beispiel aufzeigt.

    Beispiel für eine spezielle MC-Aufgabe mit mehreren korrekten Antworten, response contingent feedback in Verbindung mit Answer until correct-Feedback

    Welche Figur stellt ein Viereck dar ?
    [3 Alternativen sind richtig]
     
    1.)
    2.)
    3.)
    4.)
    5.)
    6.)


    Bei einem Short-Answer-Aufgabentyp muss man die zu erwartenden, falschen Antworten kennen. Im nachfolgenden Beispiel werden 5 typische Fehler abgefangen und dazu spezielle Fehlerrückmeldungen gegeben, die zum Teil auch Hinweise zur Fehlerüberwindung beisteuern.

    Beispiel für response contingent feedback in Verbindung mit Answer until correct-Feedback
    Short Answer Aufgabentyp

    Hier werden folgende Fehler angenommen: 129, 229, 219, 883 und 281, wobei ein Vergleich mit der Lernerantwort exakt zutreffen muss. Im Beispiel gilt tatsächlich: "Answer until correct." Sinnvoller wäre zweifellos, nach spätestens 3 Versuchen die korrekte Lösung darzubieten.

    Die etwas weniger anspruchsvolle Feedbackvariante würde nach einem beliebigen Fehler eine allgemeine Hilfestellung bereit stellen und so vornehmlich darauf abzielen, die Lösungswahrscheinlichkeit im zweiten Versuch zu verbessern. siehe dazu: (Hilfestellungen zur Eigenbearbeitung statt Rückmeldung der korrekten Lösung). Komplexere Feedbackvarianten liefern stufenweise fehlerspezifisches Feedback in Abhängigkeit vom Fehler, etwa in der Anordnung: Zunächst eine Fehlerlokalisation, dann eine Fehlererklärung, anschließend ein relativ allgemeiner strategischer Hinweis, schließlich ein ganz konkreter spezifischer Hinweis usw. Aleven und Koedinger (2000) boten 7 gestufte, zunehmend konkreter formulierte Hilfen an, was die Probanden dazu veranlasste, sich möglichst schnell bis zur korrekten Lösung durchzuklicken. Noch aufwendiger ist eine Prozedur von Mathan (2003), die im Anschluss an Fehler gegebenenfalls eine weitere Aufgabe stellt, deren Lösung deutliche Hinweise auf die Fehlerquelle oder die Fehlerbehebung geben. Bei Heffernan (2001) finden nach einem Fehler ganze Dialogsequenzen statt, die auf eine sukzessive Erarbeitung des Problems hinauslaufen.

    Es liegen einige Studien zu sorgfältig konstruierten Aufgaben und Rückmeldungen vor, die den Eindruck hinterlassen, hier sei ein bestimmtes Lehrgebiet didaktisch hinreichend analysiert, eine wohlüberlegte Übungssteuerung vorgenommen und auch die sonstigen unterrichtlichen Bedingungen so gewählt worden, dass sich der Vorteil antwort-abhängigen Feedbacks gegenüber einer ebenfalls sinnvollen, aber weniger aufwendigen Feedbackform, klar nachweisen ließe. Der hier angestrebte Feedbackvergleich lässt sich allerdings selten in Reinkultur prüfen. Das Lehrzielniveau in der Studien bezieht sich ausnahmslos auf Anwendung bestimmter Regeln. Das Antwortformat basiert auf freier Eingabe (z.B. short answer). Die meisten Ansätze liefern bei Fehlern ganz unterschiedliche spezielle Rückmeldungen, verlangen im Anschluss daran aber mindestens einen erneuten Lösungsversuch. Sie verstehen sich überwiegend als tutorielle Komponenten, die bei Fehler ganz spezielle Erklärungen oder Hilfen anbieten, um die Lösung selbständig zu finden. Die Kontrollgruppe erhält im Falle eines Fehlers meistens nicht sofort die korrekte Lösung, sondern muss mindestens einen zweiten Versuch ohne  Hilfestellung unternehmen.(=Multiple Try Feedback mit KCR). Bei den Studien handelt es sich ausnahmslos um recht aufwändige Computer gestützte Lernprogramme zu ganz spezifischen Lehrzielen, von denen hinreichende Informationen über Fehler vorliegen. Die relevanten Studien, etwa die von Farquhar, J. D.(1995), McKendree (1990), Nagata (1993) wurden bereits unter dem Thema: Die Wirkung elaborierten Feedbacks, die Untersuchung von Hefferan (2001) unter dem Thema  Intelligente tutorielle Programme mit variablen Rückmeldungen näher beschrieben. In der Mehrzahl sprechen die Studien überwiegend für den Vorteil fehlerspezifischen Feedbacks, weswegen hier nur 2 Studien erwähnt werden, welche den angestrebten Vergleich ziemlich prägnant durchführten..

    In einem Lernexperiment fand Mathan (2003) für ein "intelligentes Novicen Tutorium" gegenüber einem "intelligenten Expertentutorium" signifikante Lernvorteile hinsichtlich mehrerer AV's beim Erlernen relativer und absoluter Referenzierung in Excel. Während die Studenten im Expertentutorium nach einem Fehler die Aufgabe entweder erneut in Angriff nehmen oder sich den Lösungsweg erklären lassen konnten [= KCR bzw. Musterlösung], mussten die Lerner im Novizentutorium [=fehlerspezifisches Feedback] den Fehler zunächst selbst erkennen. Gelang ihnen dies nicht, wurden sie darauf aufmerksam gemacht, dass ein Fehler vorliegt, der zunächst behoben werden muss. Dabei erhielten sie geführte Hilfen zur Fehleridentifizierung und Fehlerbehebung, welche etliche interaktive Elemente enthielten und erarbeiteten dann durch Fragen und Hinweise unterstützt die korrekte Aufgabenlösung aus. So wurden ihnen etwa im Anschluss an einen Fehler Multiple-Aufgaben gestellt, die danach fragten, in welcher Zelle der Fehler zu lokalisieren sei (=Fehleridentifizierung) bzw. welche Operation an welcher Stelle realisiert werden sollte (=Fehlerbehebung). Derartige Lernprozeduren sind aber nur möglich, wo explorative Lernumgebungen bzw. Lerninhalte vorliegen, die selbst ohne direktes Feedback von außen quasi natürliche Rückmeldungen produzieren, wie dies bei bestimmten Computeranwendungen der Fall ist. So sieht der Lernende eben, ob eine bestimmte Operation das gewünschte Ergebnis liefert oder nicht.

    Huth entwickelte auf der Basis von Fehleranalysen ein Computerprogramm zum schriftlichen Subtrahieren. (Narciss & Huth (in press)). Hierbei kam auch eine Feedbackstrategie zum Einsatz, welche bei Fehlern die falschen Antwortteile markierte, ihre Falschheit teilweise begründete, ganz spezifische Hilfestellungen zur Überwindung des Fehlers anbot und zunächst neue Lösungsversuche einforderte, bevor die korrekte Antwort notfalls als Musterlösung vorgeführt wurde. Zusätzlich wurden Aufgaben einer Aufgabenklasse je nach Lösungsverhalten mehr oder weniger geübt, bis zur nächsten Aufgabenklasse über gegangen wurde. Da keine genauen Daten mitgeteilt wurden, muss ich mich auf die verbalen Äußerungen der Autorinnen beziehen, die von 2 Studien mit vergleichbaren Ergebnissen berichten. Danach war die Fehler orientierte Rückmeldung mit Hilfen und weiteren Lösungsversuchen einer analogen Multiple Try-Variante mit KCR bzw. einfacher Musterlösung nach dem zweiten Lösungsversuch in mehrfacher Hinsicht überlegen. Der Vorteil zeigte sich in der Trainingsphase wie in einem delayed posttest und bezog sich nicht nur auf die Leistung, sondern auch auf affektive bzw. motivationale Variablen.

    Abschließende Bewertung
    Die Analyse von speziellen Rückmeldungen im Anschluss an die Aufgabenbearbeitung soll nicht den Blick darauf verstellen, zunächst alle Möglichkeiten auszuschöpfen, Wissen angemessen zu präsentieren und es so aufzubereiten, damit der interessierte Lerner eine solide Grundlage erhält. In diesem Zusammenhang eignen sich neben verständlicher Textgestaltung, tabellarischer Übersichten oder Concept-maps hinreichend viele Lösungsbeispiele, die alle ein aktives Bemühen um Verständnis anregen können, ohne dass explizit Antworten gegeben werden müssten oder Rückmeldungen notwendig wären. Eine gut konzipierte, verständliche Instruktion ist durch keinerlei Aufgabenstellung zu ersetzen oder zu kompensieren. Ein kompetenter Lerner stellt sich dann selbst Fragen und beantwortet sie anhand der Vorlage.

    Wenn der Lerner sich intensiv in das neue Wissensgebiet eingearbeitet hat und mit einer gewissen Erfolgswahrscheinlichkeit (mindestens ca. 50%) Fragen richtig beantworten kann, sollten Aufgaben angeboten werden, um hinreichende Übungsgelegenheit zur Konsolidierung des Wissens zu geben. In den meisten Fällen dürften als Rückmeldungen KCR und gegebenenfalls eine knappe Musterlösung ausreichen. Die Aufgabenpraxis sollte solange eingefordert werden, bis ein gewisses Mastery-Kriterium nachgewiesen ist.

    Unter sehr günstigen Bedingungen und einer didaktisch noch deutlich aufwendigeren, überlegten Aufgabenkonstruktion, die vornehmlich Experten vorbehalten ist, könnten besondere Rückmeldungen zu den gemachten Fehlern den Lernerfolg weiter verbessern. Dazu sind allerdings spezielle, genau für den Lernzweck konzipierte Computerprogramme notwendig. Vorteile für RCF-Feedback zeigten sich insbesondere bei Aufgabenstellungen, die neben Fehlertypisierungen Hinweise zur Fehlerüberwindung enthielten und im Anschluss an den Fehler und die Rückmeldung weitere Lösungsbemühungen einforderten. Die positiven Ergebnisse belegen jedenfalls, dass bei entsprechender didaktischer Sorgfalt und überlegter Instruktion Antwort adaptive Rückmeldungen zu speziellen Fehlern mehr Lerngewinn erbringen können als die ausschließliche Rückmeldung zum korrekten Vorgehen. Es sollten unbedingt weitere Untersuchungen in diesem Bereich unternommen werden, um die Zuverlässigkeit der Ergebnisse und die näheren notwendigen und hinreichenden Bedingungen für diesen Erfolg zu ergründen.

    Bei einigen Untersuchungen deutete sich eine höhere Akzeptanz für Antwort abhängiges Feedback an. Möglicherweise honorieren die Lerner den besonderen Feedbackservice und finden diese Art des Feedbacks subjektiv als angenehmer, nützlicher und motivierender. Aber auch schon das Angebot von Tests bzw. Übungsaufgaben mit direkten Rückmeldungen oder Probeklausuren wird subjektiv häufig sehr geschätzt, selbst dann, wenn die Maßnahmen keineswegs deutliche Leistungsverbesserungen belegen.

    Aufgaben mit RCF-Feedback sind manchmal auch durch geeignete Präsentationen, andere Aufgabentypen oder Untergliederung der Aufgaben in Teilaufgaben (etwa auch unvollständige Lösungsbeispiele) mit insgesamt einfacherem Feedback erfolgreich zu ersetzen. Statt nachträglich Fehler zu diagnostizieren und Hilfen zu geben, werden die Aufgaben so formuliert, dass sie mit weniger bzw. früherem Feedback sequentiell gelöst werden können. Eine ziemlich rigorose Alternative zu RCF-Feedback stellen Ansätze dar, die den kleinsten Fehler sofort verbessern und so keineswegs schlechtere Lernergebnisse erzielen müssen (z.B. Gruppe unmittelbares Feedback bei Corbett und Anderson (2001) ).

    RCF-Feedback kann als wesentliches Modul eines Dialog-basierten Lehrsystems verstanden werden. Viele praktische Entscheidungen müssen ad hoc oder auf der Basis von Fuzzy Regeln - getroffen werden, da etliche interessante Fragen theoretisch wie empirisch offen sind, etwa die, welche speziellen Aktionen, Informationen oder gar Dialogsequenzen bei einem bestimmten Fehler nun besonders förderlich wären. Angesichts der Vielfalt der Möglichkeiten, Fehler zu machen und auf Fehler zu reagieren, kann es hier auch keine einfache oder generelle Antwort geben, aber vielleicht doch einige didaktisch begründbare Orientierungsprinzipien, die einer empirischen Bewährung standhalten könnten.

    Es deutet sich an, dass Hilfen zur Lösungsfindung häufig unerlässlich erscheinen und die sind nicht mehr weit von der Präsentation der Lösung bzw. des korrekten Lösungsvorgehens entfernt. Aufgaben mit direktem KCR und gegebenenfalls einer knappen Musterlösung als Feedback sind technisch ohne übertriebenen Aufwand für einen riesigen Bereich von Lehrzielen relativ leicht zu konstruieren (siehe Übungsaufgaben stellen mit JavaScript) und vom Lerner etwa via Internet online wie offline unkompliziert zu bearbeiten. Direktes KCR und gegebenenfalls eine knappe Musterlösung als bewährte sparsame Feedbackmethoden bieten ein sehr gutes Kosten-Nutzen-verhältnis und bilden meiner Meinung nach die unverzichtbare Kontrollgruppe, an der komplexere Feedbackformen eine überlegene Lernwirksamkeit nachweisen müssten.

    Literatur
         Aleven, V. & Koedinger, K.R. (2000b). Limitations of student control: Do students know when 
            they need help? In Proceedings of the 5th International Conference on Intelligent Tutoring
            Systems, ITS 2000, edited by G. Gauthier, C. Frasson, and K. VanLehn,
            292-303. Berlin: Springer Verlag, 2000. 
            URL: http://www-2.cs.cmu.edu/~aleven/aleven-koedinger-its2000.pdf [3.5.2002]
    Bangert-Drowns, R.L., Kulik, C., Kulik, J.A., & Morgan, M.T. (1991). The instructional effect 
       of feedback in test-like events. Review of Educational Research, 61, 213-238.
    Corbett A. T.,Anderson, J.R.(2001) Locus of Feedback Control in Computer-Based Tutoring:
       Impact on Learning Rate, Achievement and Attitudes. CHI 2001, Vol 2, No.1, 245-252
       URL: http://www.cs.uwm.edu/classes/cs790/cs790-2/papers/p245-corbett.pdf [3.9.2001]
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    Anhang
    Autoren und Lerner könnten vermutlich einiges lernen, wenn Sie selbst Aufgaben mit response-contingent-feedback erstellen würden:

    Deshalb hier ein paar Anregungen zum Erstellen solcher Aufgaben im WWW:

  • Übungsaufgaben mit antwortabhängiger Rückmeldung
  • Kompakte Verständnisfragen mit antwortabhängiger Rückmeldung
  • Aufgaben stellen mit einfachem Response-contingent- bzw. Antwort-abhängigem Feedback

  • created  4.3.2004; Bernhard Jacobs, b.jacobs@mx.uni-saarland.de