Vorteile elaborierten Feedbacks gegenüber KCR in der Studie von Yeap, Fong, Hanafi, Omar & Wong (2007)

Das Experiment von Yeap, Fong, Hanafi, Omar & Wong (2007) soll hier kurz referiert werden, da es zu den wenigen Studien gehört, die einen klaren Lernvorteil elaborierten Feedbacks im Vergleich zur einfachen Rückmeldung der korrekten Antwort ergaben. Im Rahmen des Englischunterrichts von Technikstudenten in Malaysia wurde der Multimediakurs "Subject-Verb Agreement" angeboten, der 3 Regeln zur Bildung von korrekten Verbformen vermittelt. Der Kurs umfasste auch Practice Tests im MC-Format.

Beispielaufgabe:

The gear box of a car like the gears on a bycicle ............movements of the vehicle
a) controls
b) controlles
c) are controlling
d) control

Die experimentellen Bedingungen umfassten 3 verschiedene Rückmeldevarianten für die Items des Practice Tests. Im Artikel kann man jeweils ein Beispiel für jede Feedbackvariante als Bildschirmkopie sehen. Ich behalte die Namen der Autoren für die Feedbackbedingungen bei, spezifiziere diese jedoch auf der Basis der gezeigten Beispiele entsprechend meiner Klassifikation.

  1. KOR: (richtig oder falsch); jedoch 3 Antwortversuche bei Fehlern. Daher in meiner Klassifikation.  Multiple try feedback mit 3 Antwortversuchen nach Fehler.
  2. KCR: (Knowledge of Correct Response) : direktes KOR bzw. direkte Rückmeldung der korrekten Antwortalternative:  KOR+KCR
  3. EF: direktes KOR + Erklärungen zur gewählten Alternative: Multiple Try Feedback (3 Versuche) mit response contingent feedback bzw. Antwort abhängigem elaboriertem Feedback für jede gewählte Alternative.

134 Studenten wurden nach Zufall auf die 3 Feedbackbedingungen zugeteilt. Die Randomisierung war offensichtlich erfolgreich, da sich keinerlei Gruppenunterschiede in einem, 2 Wochen vor der Multimediaeinheit erhobenen, Vortest hinsichtlich der einzuübenden Lehrziele ergaben. Unmittelbar nach der Bearbeitung des Multimediaprogramms beantworteten die Studenten den 20 Items umfassenden Nachtest, der mit dem Vortest identisch war. Leider werden keinerlei Angaben dazu gemacht, wie das Multimediaprogramm im einzelnen aufgebaut war, wie gut bzw. ausführlich die anstehenden Lehrziele vermittelt wurden, wie viele Practice-items zum Einsatz kamen und ob und wie stark sich die Practice-items von den Items des Vor- bzw. Nachtests unterscheiden. Die Unkenntnis dieser Faktoren erschwert eine hinreichend befriedigende Interpretation der Befunde. Die Ergebnisse des Vortest belegen mit ca. 31 (vermutlich % korrekter Lösungen) ein ziemlich geringes Vorwissen. Als AV dienten die Lernzuwächse gegenüber dem Vortest, also Nachtest-Vortestdifferenzen. Die Lernzuwächse sind der Tabelle 1 zu entnehmen

Tabelle 1. Lernzuwächse für die experimentellen Bedingungen und 
Ergebnisse der statistischen Prüfung in der Untersuchung von Yeap et al. (2007)

       M     s

KOR   20.7  12.9
KCR   29.4  18.8
EF    38.9  15.5
-----------------
EF > KCR > KR
(>signifikant höher)

Die Daten folgen den Hypothesen in idealtypischer Weise.  Je informativer das Feedback, desto höher der Lernzuwachs. Der Lerngewinn nimmt mit wachsenem Informationsgehalt jeweils mit einer Effektstärke von circa d = 0.5 zu.

Im gegebenen Fall erlaubt KOR bei intelligenter Nutzung den Zugriff auf die korrekte Lösung, da die MC-Practice-Aufgabe des Beispiels 4 Alternativen beinhaltet und man in 3 Fehlversuchen sicher die korrekte Lösung herausbekommen kann. Im strengen Sinne wird hier also für den intelligenten Nutzer eher KOR mit Answer until correct (AUC) einschließlich KCR verglichen. Die bisherigen Erfahrungen zu diesem Vergleich erbrachten im Mittel keine klaren Unterschiede zwischen beiden Feedbackformen. Einige Befunde deuten aber darauf hin, AUC sei bei wenig Vorwissen bzw. geringerer Fähigkeit KCR manchmal unterlegen, was hier wiederum ins Bild passt, wenn man zusätzlich annimmt, im Kurs sei es nicht gelungen, dieses Wissen auch schon vor den Aufgabenstellungen deutlich zu verbessern. KCR erfordert zudem weniger Übungszeit und dürfte daher mehrfachen Lösungsversuchen mit KOR selbst dann ökonomisch überlegen sein, wenn keine Leistungsvorteile erzielt worden wären.

Von größerer Bedeutung muss der Vergleich des elaborierten Feedbacks mit der schlichten Rückmeldung der korrekten Antwort gewertet werden. Der erwartete, aber selten nachgewiesene, Vorteil von EF gegenüber KCR hat sich empirisch bestätigt und ist im gegebenen Fall theoretisch auch verstehbar. Denn beim anstehenden Lehrziel "Anwendung von Regeln" führt die Rückmeldung der korrekten Antwortalternative keineswegs zu einem zwingenden Verständnis. Elaborierte Rückmeldungen begründen die korrekte Antwort näher und machen so die Regel eher verständlich. Bei dieser Deutung wird davon ausgegangen, der Lerner habe unter EF bei mindestens 3 Versuchen die korrekte Lösung fast immer angeklickt und so die Erklärung auch einsehen können. Schwer einzuschätzen bleibt, ob das elaborierte response contingent feedback im Falle eines Fehlers für den Lernerfolg notwendig und förderlich war, mehrere Lösungsversuche tatsächlich erforderlich waren oder ob es genügt hätte, nach dem ersten Versuch KOR, KCR, aber zusätzlich noch die Erklärung für die korrekte Lösung anzufügen. Aufgabenstellungen mit Antwort abhängigen Rückmeldungen und mehreren Versuchen erfordern sicherlich deutlich mehr Lernzeit als solche mit KCR. Angaben zur benötigen Bearbeitungszeit des Multimediakurses habe ich jedoch nicht gefunden. Nach Jacobs (2004) bildet "direktes KCR und gegebenenfalls eine knappe Musterlösung die wichtigste Kontrollgruppe, an der komplexere Feedbackformen eine überlegene Lernwirksamkeit nachweisen müssten." Immer dann, wenn transferfähiges Wissen bei relativ geringem Vorwissen eingeübt wird, erscheinen Musterlösungen bzw. Aufgabenerklärungen zur Rückmeldung der korrekten Antwort hilfreich, wenn nicht gar notwendig. (siehe z.B. Tennyson, Steve & Boutwell 1975 , Moreno 2004). Es ist bisher aber keineswegs geklärt, ob Hilfen oder Erklärungen bei Fehlern mit der nachfolgenden Aufforderung eines weiteren Lösungsversuches, Lernen besser fördern als die deutlich lernökonomischere direkte Rückmeldung des korrekten Lösungswegs.
 



Literatur
Yeap, L. H., Fong, S. F., Hanafi, A., Omar, M. & Wong, S. L.  (2007). A Study on 
   Different Types of Feedback in a Language Multimedia Courseware. International 
   Journal of Instructional Technology and Distance Learning. 4(4), 23-35
   http://www.itdl.org/Journal/Apr_07/article02.htm  [20.5.2007]
   http://itdl.org/Journal/Apr_07/Apr_07.pdf  [20.5.2007]

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